«Grenada, Kleine Antillen: Wer hat die Muskatnuss geklaut?»
Von Ingrid Schindler
Exotische Früchte und Gewürze, Rum und Schokolade: das ist Grenada, die südlichste der Kleinen Antillen. Die Gewürzinsel unter der Flagge der Muskatnuss ist ein Garten Eden und ein Paradies für Segler und Naturliebhaber.
«Blue Tea hilft gegen alles, auch das Alterwerden!» Isabelle Slinger wirbelt durch ihren tropischen Park und zeigt uns ausser der blauen Wunderblume Butterfly Pea Flower eine Fülle an Gewürzpflanzen, Blumen und Bäumen: Gingerlilies, Heliconia, Protea, Bromelien, Bougainvillea, Mahagoni-, Zimt-, Muskat-, Kakao- und Nelkenbäume. Und erst die Kräuter: Riesenthymian und -oregano, Koriander, Bay Leaves (Lorbeer), alles ist hier grösser, duftet und schmeckt intensiver. Ein Rausch der Aromen im Garten Eden namens Grenada, wo die Natur auf 344 Quadratkilometern Nahrung, Düfte, Haus- und Heilmittel im Überfluss zur Verfügung stellt. Den «Tee gegen alles» kosten wir bei der Teatime im Salon, bei der die Hausherrin erfrischenden Mandarinensaft, hausgemachte Kuchen und Sandwiches neben Anekdoten über ihre illustren Vorfahren serviert.
Slingers Anwesen Tower Estate ist eine Plantage mit Villa im viktorianischen Kolonialstil hoch über der Hauptstadt St. George’s. Königspalmen ragen aus dem Dschungelgrün, ein Indikator für die Villen der Plantagenbesitzer. Im Haupthaus hängen Fotos der Ahnen: Hohe Militärs, Gründer des 1. Regiments der Westindies, Minister, exaltierte Ladies, Grosshändler. «My family is complet callalou», lacht Isabelle, was sich sinngemäss mit Kraut und Rüben übersetzen liesse. Sie zählt die Inseln und Länder ihrer Herkunft auf. Wortwörtlich bezeichnet Callalou ein Blattgemüse, das wie Spinat verwendet wird. Die Slinger-Familiengeschichte ist so verworren wie der Garten bunt und wild. So bescheiden wir uns mit dem Hinweis, dass er regelmässig exotische Schönheiten an die Chelsea Flower Show schickt, dort 17 Mal ausgezeichnet wurde und in Rae Spenser-Jones Buch «1001 Gardens you must see before you die» aufgeführt ist.
Aufstand in der Sagesse Bay
Die Estates, wie man die Plantagen der ehemaligen Kolonialherren nennt, bildeten bis in die 50er Jahre das Herz der grenadischen Wirtschaft. 1974 wurde der zu Grossbritannien gehörende Drei-Inseln-Staat (Grenada, Carriacou, Petite Martinique sowie weitere kleine Inseln) unter Premierminister Eric Gairy unabhängig. Fünf Jahre später wurden im Zuge der unblutigen Revolution des linken New Jewel Movement unter Maurice Bishop viele der Ländereien vom Staat konfisziert und aufgelöst. Die produktiven Plantagen verschwanden, die Landwirtschaft verlor ihr Rückgrad und die Arbeitslosigkeit stieg rasant an. «Nur die Hälfte der Leute hatten Arbeit», erzählt Roger Augustine, Tour Guide bei Pure Grenada, der Grenada Tourism Authority (GTA). Damit alle etwas vom Wenigen hatten, hat man sich die Arbeit einfach geteilt.» Heute betrage die Arbeitslosenquote circa 15 Prozent.
«Die Grenader lieben ihre Insel und die grossartige Natur. Sie wollen freien Zugang zu all den Naturschönheiten haben. Das ist bis heute üblich.» Am Beispiel der Sagesse Bay erzählt Roger, was passiert, wenn eine rote Linie überschritten wird. «Die Revolution wurde ausgelöst, indem Lord Brownlow, ein Cousin der Queen, seinen in den 60er Jahren erworbenen Besitz La Sagesse Estate durch Zäune und Tore abriegelte. Die Bevölkerung konnte nicht mehr zur Sagesse Bay, einem der schönsten Naturstrände der Insel, gelangen. Alle Einwohner des Bezirks (Parish St. David) marschierten daraufhin mit Macheten und Speeren zum Gate des Estates, brachen es auf und vertrieben den Lord. Der Premierminister zwang ihn zur Flucht, sein Besitz wurde enteignet.»
Schokolade: Vom Baum zur Bohne
Auf demselben Gelände baut zurzeit die Hotelgruppe Six Senses ein Luxusresort. Die Fehler der Vergangenheit scheinen sich zu wiederholen. Die Vorgängerregierung unter Führung der New National Party (NNP) hatte Six Senses die Abholzung des Mangrovenwalds und Trockenlegung des für Zugvögel bedeutenden Feuchtgebiets genehmigt, ohne die Bevölkerung über die Vorgänge zu informieren und in Entscheidungen einzubinden. Der Zugang zum zerstörten Naturreservat wurde erneut verwehrt. Widerstand formierte sich, die Quittung gabs bei der letzten Wahl. Die Regierung wurde abgewählt. Seit Juni 2022 regiert der National Democratic Congress unter dem jungen Premier Dickon Mitchell.
Auch wenn Six Senses einen kleinen Teil der Landschaft renaturieren will, lässt sich ein natürlich entstandenes Feuchtgebiet nicht künstlich wiederherstellen und seltene Vögel, die einmal abgewandert sind, bleiben fern. Inzwischen versucht die Hotelgruppe mit dem Bau von Schulen und anderer Infrastruktur die Gemüter zu besänftigen.
Vieles habe sich in den wenigen Monaten seit dem Regierungswechsel verbessert, meint Garth Woodroffe, ein anderer Guide des GTA. Unter anderem sei der Schulbesuch jetzt kostenlos möglich und die Lehrer erhielten wieder ihr Gehalt. In der Landwirtschaft wäre noch viel zu tun. Es gibt keine Agrarindustrie, wohl aber zunehmend Initiativen ausländischer sowie junger, grenadischer Unternehmer, die nach dem Studium im Ausland mit neuen Ideen und Projekten auf die Insel zurückkehren. Wie beispielsweise Aaron Sylvester, der in Grossbritannien aufwuchs und in die Heimat seiner Eltern zurückkam, um den Kakaoanbau wiederzubeleben. In seiner Manufaktur Tri-Island Chocolate stellt er hochwertige Bio-Schokolade her. «Wir sind das kleinste Land der Welt, das vom Baum zur Bohne grosse Schokolode produziert», sagt er stolz. Während man bei Aaron ausprobieren kann, wie Kakao-Tea schmeckt und man eigene Schokoladetafeln machen kann, lernt man im Belmont Estate, wie die Frucht gedeiht und die Kakaobohnen verarbeitet werden.
12°10`Nord, 65°40`West: Junge, komm bald wieder!
Grenada liegt 95 Seemeilen vor der venezolanischen Küste. Die Nachbarn im Süden sind Trinidad und Tobago, im Norden das Seglerparadies St. Vincent and the Grenadines. 12°10`Nord, 65°40`West lauten die Koordinaten, Segler wissen das genau: Grenada ist ihre Lieblingsinsel. Üppig grüner Urwald, bis 840 m hohe Berge, herrliche, geschützte Buchten, traumhafte, einsame Sandstrände, freundliche, zugewandte Menschen. Wegen der Strände kämen sie nicht in Scharen her, die gibt’s auch anderswo, wie auch nette Bars und Beizen. Nein, es sind die Schiffsausrüster, Werften, Segelmacher, Bootsbauer und ganz besonders die geschützten Liegeplätze, die die Insel für Segler so anziehend macht. Denn Grenada ist die südlichste der Antilleninseln, an der die Hurricanes, meist ohne Schaden anzurichten, vorbeiziehen. Letztmals schlugen 2004 der schreckliche Ivan und 2005 Hurricane Emily zu und vernichteten ein Drittel der Nutmeg Trees. Bis dahin stand Muskatnuss an der Spitze der Exporte. Macis, die roten Innenhaut über der Nussschale, spielt eine grosse Rolle in der Lebensmittelkonservierung, Pharma- und Kosmetikindustrie. Grenada ist die erste Insel weltweit, bei der Gewürze an der Spitze der Exportgüter stehen.
Man kennt sich in St. George’s, der Inselhauptstadt. Abends treffen sich Segler und Einheimische beim Rum Punch an der Grand Anse vor Esther`s Bar: etwa das rüstige Rentnerpaar, das im Winter den Ruhrpott gegen das Radisson eintauscht, ein anderes, das sich an der Carenage im alten Teil der Stadt niedergelassen hat, die 80-jährige Renate aus Hamburg, die Gäste über die Insel führt, oder Peter aus dem Aargau, der seine Leiden als Bootsbauer an der Wärme kurierte und blieb. Und Jörn aus Hamburg, der als blutjunger Skipper in den 80ern nach Grenada kam. Als er wenig später mit der eigenen kleinen Yacht über den Atlantik segelte, machte er in St. George’s fest. Da liegt sie nun in der Marina, setzt Algen an und wartet, dass er zu ihr zurückkehrt. Nun baut er sich ein Haus mit Blick auf seine Renaissance.
Das alte Wasserrad dreht sich noch immer
Unter dem Beifahrersitz liegt eine Machete. «Pass auf, dass du dich nicht dran verletzt! Die ist scharf» warnt Jörn, als ich in den Pickup steige. Wir arbeiten uns langsam im stockenden Linksverkehr von der Grand Anse Beach zur Belmont Road hinauf, um die Baustelle zu besichtigen. – Die Franzosen kolonialisierten die 1498 von Columbus entdeckte Insel als Erste, weshalb die Strassen- und Ortsnamen französisch sind. – Vor einem halben Jahr hat Jörn das Land neben dem Fundament gerodet, jetzt ist wieder alles wild übergewuchert. «Die Natur erobert sich im feucht-warmen Tropenklima das Terrain in rasendem Tempo mit aller Macht zurück. Dafür die Machete», erklärt er mir. Die hätte jeder im Auto.
Die Machete ist das wichtigste Utensil der Arbeiter auf den Zuckerrohrplantagen im Inselosten. Obwohl Zuckerrohr auf den fruchtbaren Vulkanböden bestens gedeiht und Rum seit Jahrhunderten destilliert wird, ist Grenada keine wirkliche Ruminsel. Die Anbauflächen sind in kleinste Cluster aufgeteilt und vor allem in den Bergregenwäldern schwierigst zu bewirtschaften. Auf dem felsigem, schlammigem, steilem Boden kann Zuckerrohr nur von Hand mit der Machete geerntet werden.
Bis Hurricane Janet 1955 die Insel verwüstete, wurde es traditionell in bescheidenem Mass angebaut. Nachdem die Briten ihre Investitionen nach dem zweiten Weltkrieg in den Kolonien schon stark zurückgefahren hatten, kamen mit der Verstaatlichung der Plantagen nach der Revolution auch der Zuckerrohranbau und die Rumproduktion zum Erliegen. Eine der wenigen Destillerien, die weiterarbeiteten, war die River Antoine Estate Distillery, die seit 1785 frischem Zuckerrohrsaft presst und brennt. «Der 75-protzige River’s Rum ist der Lieblingssprit der Einheimischen», meint unser Guide, reicht aber nicht für den Inselbedarf. «One shot rum, one shot water» lautet die Regel, exportiert wird er nicht.
Alles atmet Geschichte, ist very old school und handgemacht. Man fühlt sich in River St. Antoine zurückversetzt in die Zeiten der Sklaverei. Das Wasserrad von 1815, das die Mühle betreibt, dreht sich noch immer und liefert den Strom für die Presse. Die grossen Kessel, in denen der Zuckersaft vor dem Fermentieren köchelt, werden mit hiesigem Holz geheizt. Anders sieht es bei Renegade Rum aus.
Single Cane Rhum: Terroir bekommt eine neue Bedeutung
So klein die gebirgige Tropeninsel ist (kaum grösser als der Kanton Genf), besitzt sie doch eine enorme Vielfalt unterschiedlichster Terroirs mit speziellem Microklima und unterschiedlicher Bodenbeschaffenheit. Die üppige Vegetation entwickelt sich an der Atlantikküste anders als im Inselinnern oder an der Karibikseite, ja jede Bucht besitzt ein anderes Mikroklima und jede der langen Landzungen andere schwere, schwammige, wasserdurchlässige Lehmböden.
Genau das gefällt dem Zuckerrohr und reizt Mark Reynier. 28 Millionen U$ investierte der Engländer mithilfe privater Investoren in seine Vision, Rhum agricole aus frischem Zuckerrohrsaft nach Terroir-Gesichtspunkten unter dem Label Renegade Rum zu brennen. Nicht weit von River St. Antoine und doch Welten entfernt liess der Spirituosen-Unternehmer vom Reissbrett weg eine hochmoderne State-of-the-Art-Destillerie vor wenigen Jahren errichten. Sein Ziel: Erfahrungen aus dem französischen Weinbau und der schottischen und irischen Whisky-Brennerei (Bruichladdich und Waterford Whisky) auf die Rumproduktion zu übertragen.
Bevor die Destille vor zwei Jahren in Betrieb genommen wurde, musste Renegade Land finden, kaufen, pachten, alte Plantagen vom Dschungel befreien und den Anbau selbst in die Hand nehmen; denn die Locals wollten das nicht, obwohl sie die Firma von Anfang einbezog. Inzwischen sind rund 300 Acres (1 Acre = 0,4 ha) Anbaufläche zusammengekommen und finden 150 Menschen bei Renegade Arbeit.
Mit vollständig rückverfolgbarem Terroir-Rum reiht sich Mark Reynier unter die Rum-Pioniere aus den französischen Überseegebieten Martinique, Guadeloupe und Réunion. Die einzelnen Ernten werden streng separat verarbeitet. «Die Auswirkungen von Lage, Mikroklima und Bodenbeschaffenheit spielten bisher beim Zuckerrohranbau keine Rolle und wurden kaum untersucht», erläutert Jane Nurse. Die 34jährige Deutsch-Grenaderin ist Kommunikations- und Nachhaltigkeitsbeauftragte bei Renegade, «und Mädchen für alles». Seit fünf Jahren lebt sie auf der Insel und denkt nicht an Rückkehr. Ihr Partner, ebenfalls Deutscher, lehrt an der St. George’s University, an der rund 7’000 Studenten aus den Westindies, USA, Kanada und Grossbritannien Medizin, Tiermedizin, Public Health, Health Sciences, Naturwissenschaften und BWL studieren.
Renegade baut heute vier sortenreine, historische Cane-Sorten in verschiedenen Terroirs an. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. Beim Tasting acht verschiedener Single Cane Rums zeigt sich durchaus beeindruckend, dass sich die Destillate der einzelnen Parzellen deutlich in Aroma und Geschmack voneinander abheben. Wie beim Wein wirke sich auch der Erntezeitpunkt auf die Qualität aus, so Nurse.
Oil down: der Geschmack Grenadas
Eines der Anbaugebiete befindet sich in der Sagesse Bay, der Bay mit der traurigen Geschichte. Beim Wandern mit Simon Green von «Hidden Treasures» erblicken wir die Baustelle in der Bucht und erfahren die wilde Schönheit des nahen Küstenregenwalds. Einheimische stärken uns danach mit «Oil Down», dem grenadischen Nationaleintopf. Der herzhafte Stew schmeckt nach einer Stunde Köcheln über offenem Feuer köstlich. Schweinefüsse und -schwänze, Hühnerhälse, Brotfrucht, Callalou, Yams, Weisskohl, Zwiebel, Rüebli und Kürbis sind darin auszumachen. Das Fleisch wird zuvor mit Knoblauch, Kurkuma, Zimt, Curry, Thymian, Salbei, Zucker, Zitrone und Kokosmilch mariniert und das Ganze am Schluss mit Dumplings, länglichen Klössen, serviert.
«Du willst gar nicht wissen, was noch alles drin ist», rät mir später Peter, als ich ihn beim Abschied von Grenada danach frage. Der würzig-intensive Geschmack hat sich auf dem Gaumen eingebrannt wie die Freundlichkeit, mit der uns die Grenader empfingen. Sie heissen alle willkommen, die ihre Insel lieben und schätzen wie sie selbst. Wie Peter, Jörn, Renate und Co. Nicht aber moderne Kolonisatoren, die ihnen Land wegnehmen.
Peter baut in seiner Wohnung in St. George’s am originalgetreuen Bahnhof von Brig im Winter, einer riesigen Modelleisenbahn mit unterirdischen Abstell-und Rangiergleisen, dahinter die schneebedeckten Viertausender des Wallis an der Wand. Renate aus Hamburg hat sie gemalt. «Schnee ist hier nicht zu bekommen», sagt er, weshalb beim letzten Besuch in der Schweiz Kunstschnee auf Vorrat kaufte. Das kalte Wetter vermisst er nicht, im Gegenteil. «Schreib bloss nichts Gutes über Grenada, höchstens über liquid sunshine!» ermahnt er mich zum Schluss. Denn sonst kämen zu viele Touristen her.» Man will unter sich bleiben im grünen Paradies über dem Wind. Tropische Regengüsse gabs tatsächlich auf unserem Trip mehr als üblich und genug.
Grenada Infos:
Unabhängiger Inselstaat in den Kleinen Antillen, Mitglied im Commonwealth of Nations, Staatsoberhaupt King Charles III., vertreten durch Generalgouverneurin Cécile La Grenade, 113’600 Einwohner. Die Gewürzinsel zählt zu den führenden Herstellern von Muskat, Zimt, Ingwer und Nelken und produziert in bescheidenem Umfang hervorragende Bio-Schokolade und Rum. Hauptattraktionen sind neben traumhaften Stränden der ursprüngliche tropische Bergregenwald, Plantagen, Rumfabriken und Tauchreviere. Segler schätzen die geschützten Lagen der Marinas und Buchten. Grenada kennt keine Jahreszeiten, zwischen Dezember und Mai gib es wenige heftige Regenschauer, die Temperaturen bewegen sich zwischen 28 tagsüber und 24 °Celsius nachts.
Seit Ende November 2022 fliegt Condor wieder jeweils am Sonntag von Frankfurt nach Grenada und Tobago, www.condor.com. Tower Estate, Tri-Island Chocolate, Renegade Rum Distillery, River St. Antoine Estate Rum Distillery und Belmont Estate bieten Führungen an Hidden Treasures Tours Wanderungen im Regenwald. Tauchexkursionen führt aquanauts.grenada.com durch. Tower Estate organisiert zudem Events, Table-d’hôte, culinary experences und besitzt ein Cottage mit zwei Appartements zum Mieten. Hotels: Mount Cinnamon Resort and Beach Club, Secret Harbour Hotel and Marina, Royalton Grenada, Kalinago, True Blue Bay Resort, Laluna. Weitere Infos: www.puregrenada.com.
Die Reise wurde von Condor und der Grenada Tourism Authority durchgeführt.
Bildlegenden:
St. George’s; Exotik; Segeln, St. George’s; Rum aus Zuckerrohr; Tower Estate.
«Trendsetting Berlin – Mit dem Velo über die Startbahn»
Kaufst du noch oder mietest du schon? Berlin ist ein gutes Pflaster für Startups auf dem Feld der Circular Economy. Eine Tour d’horizon durch neue Arbeitswelten, nachhaltige Mode und grüne Oasen in der Bundeshauptstadt.
Man hört Englisch überall. Auf der Strasse, in der S-Bahn, beim Kult-Bäcker, veganen Spitzenkoch oder Gebetomat, dem Gebetsautomaten vor der Kirche. Im Hotel geht ohne Englisch sowieso nichts mehr, das Phänomen ist bekannt: Pandemie, Lockdown, Jobflucht, Personalnotstand. Und wenn man bei den jungen Mitarbeitern aus dem Osten, Norden und Rest der Welt samstagmorgens um Acht Kaffee bestellt, kommt stattdessen der Satz: «Na hör mal, ich hab’ Weekend, da wird so früh kein Kaffee gekocht». Wenn dann noch mehr Gäste bestellen, landest du in der Warteschleife und gehst nach einer halben Stunde humor- und kaffeelos aus dem Haus. Nur am Dönerstand verstehen die Türken noch Deutsch und deutlich, was du willst, und du bekommst es auch.
Ein internationaler Geist weht durch das junge, hippe, grüne Berlin, wie es Dina Padalkina verkörpert. Die russische Ökonomin führt uns in Kreislaufwirtschaft ein, auf Englisch natürlich. Die Gründerin von Circular Berlin ist auf nachhaltige Stadtplanung und Architektur spezialisiert, mit dem Ziel, durch Wissensvermittlung, Workshops und Projektbegleitung die Materialflüsse in der Stadt so zu verändern, dass sie zu einer resilienten, klimaneutralen, bürgernahen Hochburg der Circular Economy wird. «No waste, no pullution» lautet das Motto.
New Work and Life in der «Mutterhöhle der Eisenbahnen»
Wir treffen Dina im Park am Gleisdreieick: weite Grünflächen mitten in der Stadt, Brachland, Biergärten, Spiel- und Bienenwiesen zwischen einem Geflecht von Gleisen, wo sich einst der Güterbahnhof und später der Todesstreifen an der Grenze befand.
«Mit dem Fall der Mauer haben sich ungeheure städtebauliche Möglichkeiten ergeben, denn über so viel unbebaute Fläche wie Berlin verfügt keine andere Weltstadt im Innenstadtbereich», sagt Dina. Der Berliner Güterbahnhof, die «Mutterhöhle der Eisenbahnen» (Walter Benjamin, 1950), wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, sein Wiederaufbau durch die Teilung der Stadt verhindert. Nachdem die Deutsche Bahn grosse Areale des Güterbahnhofs dem Land Berlin überliess, eröffnete die Stadt 2013 den Park am Gleisdreieck als grünes Verbindungselement zwischen Ost- und West-Berlin. Er ist Teil des grossen Planwerks Innere Stadt, das im nächsten Jahrzehnt fertiggestellt sein soll, und eines 40 km langen Nord-Süd-Wanderwege durch die Stadt.
In der «Urbanen Mitte Am Gleisdreieck» steht ein modernes, temporäres Holzgebäude für das Leben und Arbeiten von morgen. Es ist Home von «B-Part», einem Experimentierlabor für New Work and Life. Keine Spur von grauem Bürolismus. Hier arbeiten open Minds im Coworking-Space und engagieren sich in Urban Ideation Labs und Innovation Camps für unsere Zukunft. New Work, erläutert uns Dina, beinhaltet New Workout mit Outdoor-Sportpark, Kieztraining und Sportbotschafter. Ein In-house-Café sorgt mit «Health-, Heart- und Superfood sowie Speciality Coffee Kreationen» für das leibliche Wohl.
Das Gebäude selbst ist ein Musterbespiel des neuen Bauens auf zirkulare Art. Dabei kommen nur nachwachsende Baustoffe, vor allem Holz, und recycelbare Materialien zum Einsatz. Verschwendung und Abfall sind auch hier kein Thema, sagt Dina. «Im Gegensatz zum konventionellen Hausbau, bei dem man nur ein Prozent des Materials wiederverwerten kann, lassen sich beim neuen Bauen alle Elemente auseinandernehmen, verändern, abbauen und wiederverwenden.» Deshalb sind Strom- und Wasserleitungen, Kabelschächte, Abwasserkanäle und Heizungsrohre sichtbar und unverputzt angebracht, die Heizkörper hängen neuerdings an der Decke.
Der Impact Hub im ehemaligen Lagerhaus der Kindl-Brauerei in Neukölln ist ein weiteres Beispiel für Coworking und neues Bauen. Hier befasst man sich mit der Evaluation und Unterstützung von Startups für nachhaltige Entwicklung und grüne Technologien. ChangemakerInnen aus aller Welt werden nach Berlin gelockt. Die Wirtschafts- und Finanzspezialisten des Impact Hub prüfen, neben anderen, welche Projekte die Förderung durch das Berliner Startup-Stipendium lohnen und betreuen die ausgewählten Projekte bis zur Realisierung. Voraussetzung ist, dass sich die UnternehmensgründerInnen währenddessen in Berlin niederlassen und keiner anderen Arbeit nachgehen. Eine clevere Massnahme, um Jungunternehmer nach Berlin zu holen. «Für die bietet die Stadt neben der Förderung den Vorteil, dass sie ein extrem guter Standort für Startups ist», meint Dina. «Die Infrastruktur ist voll vorhanden, eine perfekte Vernetzung ist möglich und die Sprache der Startup-Szene ist Englisch.»
Unkaputtbare new Electronics
Eine weitere Station auf Dinas Circular Economy Tour durch das kreative Berlin ist das Motion Lab zwischen Bundeskriminalamt und dem Görlitzer (Drogen)Park. Hier tüftelt Paul Anca an neuen circular eletronics. Auf Deutsch: an nachhaltigen, langlebigen Küchengeräten, die lokal konstruiert und repariert werden, um Elektroschrott zu vermeiden. «Man fragt sich, warum heute Electronics auf Selbstzerstörung ausgelegt sind», sagt der Deutsch-Rumäne, der an der Uni Wien studiert und in Berlin das Startup «Open Funk» mitgegründet hat. Er demonstriert, ebenfalls in flüssigem Englisch, wie sein leicht reparierbarer Hochleistungsmixer «re:mix» funktioniert: Auf eine quadratische Box mit Häcksler werden beliebig grosse, gebrauchte Schraubgläser aufgesetzt und in Sekundenschnelle der Inhalt zu Pasten püriert. Superpraktisch, weil man das Chutney oder die Konfi nicht neu abfüllen muss. Kostenpunkt: einmal im Leben 249 €uro, inklusive Reparaturanleitung. 2022 wurde das Gerät mit dem Dezeen Award ausgezeichnet. Dezeen ist ein einflussreichs Architektur,- Interior- und Design-Magazin aus Dänemark. Sharing ist ein anderer Weg, der Wegwerfgesellschaft gegenzusteuern. Man kann wenig genutzte Haushaltsgeräte, wie in anderen Städten auch, inzwischen in «Bibliotheken der Dinge» ausleihen.
Textilhafen und Kleiderkammer
Einer der grössten Verursacher von Waste und Pollution ist die Mode- und Textilindustrie. Das ist das Spezialgebiet von Dinas Kollegin Arianna Nicoletti, die sich mit der Um- und Wiedernutzung von gebrauchten Kleidern und Textilien befasst, ein Kernthema der Kreislaufwirtschaft. Wir treffen die italienische Modedesignerin, die über London zu circular Berlin kam, am Textilhafen der Berliner Stadtmission, der ersten Station ihrer Green Fashion Tour. «Neun Kilogramm Textilien werden pro Jahr und Person weggeschmissen», macht uns Textilhafen-Leiterin Annett Kaplow bewusst. «Das meiste davon landet hier, weil die Altkleidersammlung die einfachste und billigste Art der Entsorgung ist. Auch Kaputtes, Schmutziges, stark Verschlissenes kommt in den Kleidersack. So sparen sich die Leute die Entsorgungsgebühr, die wir schliesslich bezahlen.»
Denn 80 Prozent der Kleiderspenden sind unnutzbar und landen auch im Textilhafen im Müll. Das mache circa 10’000 Euro im Jahr aus, sagt Kaplow. Von den verbleibenden 20 Prozent der Altkleider gehen zehn Prozent in die Kleiderkammer für Obdachlose und 90 Prozent in Secondhandläden. «Man kann Obdachlosen keine knalligen Kleider geben, denn sie wollen nicht gesehen werden.» Graue, dunkle, schwarze, braune, olivefarbene Bequemkleidung eignet sich, denn sie wird nicht gewaschen. Das Problem sei, dass Frauen viel geben, Männer wenig, dabei bräuchten sie mehr Männerkleidung. Im Winter ist der Bedarf an warmen, langen Unterhosen für Obdachlose sehr hoch. Kaplow erzählt, wie sich eine gut gemeinte Spende ins Gegenteil verkehrte: «Eine italienische Modefirma hat uns für den Winter 40’000 neue, langärmlige Skiunterhemden aus Polyester gespendet; das geht gar nicht, denn Polyester stinkt sehr schnell und die Obdachlosen tragen ihre Kleidung, bis sie ihnen vom Leib fällt. Wir lassen jetzt in einer Therapieeinrichtung Unterhosen daraus schneidern.» Zur Zeit gibt es nicht genug Kleider für die Menschen auf der Strasse, weil wegen des Ukrainekriegs die Spenden massiv eingebrochen seien und weil anfangs der Pandemie die Leute extrem viel entsorgt hätten.
Von Fast fashion zu slow fashion
Guide Arianna zeigt uns an verschiedenen Beispielen, wie sich die Textilverschwendung stoppen liesse. «Upcycling as the New Normal» hat sich das MOOT (Made out of Trash) auf die Fahne geschrieben. Im Store werden T-Shirts, Taschen und Kleider aus gebrauchter Bettwäsche und attraktive, warme Jacken und Wintermäntel aus weggeworfenen Wolldecken verkauft.
Jedes Stück ein Unikat, individuell und lokal gefertigt, das T-Shirt für 49 Euro, der Mantel für 289 Euro. CEO und Co-Founder Michael Pfeifer legt auf Aufklärung wert. Der Laden ist zugleich ein kleines Museum, das den Kunden erläutert, warum der Kleiderwahnsinn in neue Bahnen gelenkt werden muss, wie aus fast fashion sustainable fashion wird und warum der Preis über dem von Massenware liegt.
Die «Kleiderei» in Kreuzberg geht einen anderen Weg. Sie setzt auf das Mieten von Outfits und will eine Art «Bibliothek der Mode» sein. Für einen monatlichen Mitgliederbeitrag von 29 bzw. 39 Euro kann man vier bzw. sechs Stücke ausleihen, egal ob Gucci oder H&M; kaufen kann man manche Secondhand-Teile auch. Lieblingsstücke kann man länger behalten, ausser sie sind von anderen reserviert. Für zwei Euro wird die Textilie gewaschen, für sechs Euro gereinigt, die meisten Mitglieder würden selber waschen, erfahren wir. Das System bietet sich für Kundinnen an, die ständig neue Outfits wollen. Bei Männern funktioniert das Kleidersharing nicht, sie bleiben bei dem, was sie haben. Wer sich für Green Fashion Tours in Berlin interessiert, kann sich mithilfe von Arianna und der von ihr entwickelten Fashion Map einen Einblick in die nachhaltige Modeszene von Berlin verschaffen.
No waste gilt übrigens auch für die kreative, grüne Foodszene Berlins. Vegetarisch-vegane Restaurants, die mit nachhaltig, fair und lokal produzierten Zutaten auf erstaunlich hohem Niveau kochen, liegen voll im Trend, innovative, alkoholfreie Getränkebegleitung inklusive. Im Guide Michelin findet man eine Reihe von Lokalen mit grünem Stern, die sich durch Umweltbewusstsein und Geschmack auszeichnen, wie zum Beispiel die Bistro-Bar BRIKZ, FREA (1 grüner Michelinstern), Bonvivant, Cookies Cream (1 Michelinstern) oder Kopps.
Grüne Oasen in der Stadt
Hohe Lebensqualität ist in Berlin kein leeres Schlagwort. Dies belegen auch die Freiräume, die die Stadt den Bürgern für Spiel, Sport, Spass und Erholung bietet. Grüne Oasen gibt es in grosser Zahl an Havel und Spree, die Stadt hat Platz, nicht nur am Gleisdreieck. In Marzahn im Osten Berlins erstrecken sich zum Beispiel die «Gärten der Welt», die mit christlichen, islamisch-orientalischen, jüdischen, chinesischen, japanischen, balinesischen und anderen Gartenkabinetten und Themengärten zu einem Dialog der Kulturen einladen. Mit einer Seilbahn kann man sich über das mehr als 100 Hektar grosse Gelände einen Überblick verschaffen.
Andere grüne Oasen lassen sich per Rad mit den Berlin Bike Tours erkunden. Eine dreistündige Velotour führt uns vom Gleisdreieck in die Hasenheide, Fliegersiedlung in Klein-Tempelhof, nach Kreuzberg, zum Görlitzer Park, nach Friedrichshain (Schlosspark ohne Schloss) und zum Lausitzer Platz und endet in der Kulturbrauerei am Prenzlauer Berg. Höhepunkt der Tour ist die Fahrt über die ehemaligen Start- und Landebahnen auf dem Tempelhofer Feld. Der einstige Weltflughafen liegt mitten in der Stadt, nur 4 km vom Zentrum entfernt.
«Tempelhof: Die Mutter aller Flughäfen»
Bevor Hitler ins Spiel kam, diente das Gelände den Preussenkönigen als Exerzierplatz. Ab 1909 starteten die ersten Flugpioniere vom Tempelhofer Feld aus in die Luft. In den 20er Jahren wurde ein 1,5 Millionen m2 grosses Terrain planiert, für dessen Einebnung man Berliner Müll und den Aushub des U-Bahn-Baus der heutigen U6 verwendete. Die Anbindung eines Flughafens ans Schienennetz und eine U-Bahn war eine Weltneuheit.
1923 hoben die ersten Linienflüge ab, mit Ziel München und Königsberg. 1926 wurde Tempelhof Heimatflughafen der neu gegründeten Lufthansa. Bis in 1930er Jahre entwickelte sich das Flugaufkommen derart, dass Tempelhof vor Paris, Amsterdam und London an der Spitze des europäischen Flugverkehrs stand und die Kapazitäten bei weitem gesprengt wurden.
Das Reichsluftfahrtministerium erteilte dem Architekten Ernst Sagebiel den Auftrag für einen Neubau, der die hohen Ansprüche – nationalsozialistische Monumentalarchitektur, modernste Grossflughafen-Struktur und zukunftsweisende Luftfahrttechnik – in jeder Hinsicht erfüllen sollte. Hitler wollte einen Weltflughafen bauen lassen, der alles Dagewesene in den Schatten stellten sollte, was auch gelang, obwohl die Pläne nicht zur Vollendung kamen.
Das 1941 fertiggestellte, neue Flughafengebäude (307’000 m2 Bruttogeschossfläche) war das flächengrösste und mit 1,2 km Gesamtlänge längste Bauwerk der Welt. Erstmals wurden die Ebenen für Ankunft, Abflug, Fracht und Post räumlich funktional getrennt und Sekundärfunktionen – Hotels, Restaurants, Kongress- und Verwaltungstrakte – integriert. Allein die mehr als 40 m weit auskragende stählerne Dachkonstruktion des Hangars gilt bis heute als technische Meisterleistung. Tempelhof blieb derart wegweisend für den modernen Flughafenbau, dass ihn Norman Foster noch vor wenigen Jahren als «die Mutter aller Flughäfen» betitelte.
Berliner Blockade 1948/49
Während der Berliner Blockade 1948/49 durch die Sowjets wurden mehr als zwei Millionen Menschen durch die Luft versorgt. Tempelhof spielte dabei die tragende Rolle als Operationsbasis der US-Air-Base, die den Berlinern während der Luftbrücke das Überleben sicherte. Auf dem Flugsteig ist eine Douglas DC-3 als Museumstück zu sehen. Süssigkeiten, die amerikanische Piloten an Tempo-Fallschirmen befestigten und für die Berliner Kinder abwarfen, brachten den Maschinen dieses Typs den Namen Rosinenbomber ein. 2008 hob die letzte Linienmaschine von Tempelhof ab, 2010 wurde der Flugbetrieb gänzlich eingestellt.
Die Geschichte und Architektur Tempelhofs sind einzigartig, eine Führung durch das Gebäude lohnt sich unbedingt und ist das Highlight eines Berlin-Besuchs. Was das Tempelhofer Feld mit dem grünen und nachhaltigen Berlin von heute zu tun hat? Viel, denn das Flugfeld wurde nach etlichen Bürgerinitiativen und Volksentscheidungen der Bevölkerung und nicht Immobilienhaien überlassen. Keine andere Weltstadt verfügt über eine solch ausgedehnte Freizeitzone zum Radfahren, Kiten, Skaten, Joggen, (Fuss-)Ball spielen und vieles mehr. Das Terrain und Flughafengebäude werden für Grossveranstaltungen, Covid-19-impfaktionen, als Flüchtlingsunterkunft, Filmkulisse genutzt und vieles mehr. Billy Wilder, Wim Wenders, Paul Greengrass Leander Haussmann, Joseph Vilsmaier, Bryan Singer …, wer hat hier nicht schon gedreht? Aus Hitlers aggressiv anmutendem Fliegerhorst im Nazistil ist ein riesiges Feld für Aktivitäten und Events friedlichster Art geworden.
Lautlos zur Waschmaschine
Schaltstellen der heutigen Politik und Hochkultur kann man noch besser als auf einer Velotour vom Wasser aus betrachten. «Die Stadt hat mehr Brücken als Venedig», sagt Ronny Fromm, der die solarbetriebene Suncat 46 über die Spree und Berlins Kanäle steuert. Er fährt für die Reederei Solar-Waterworld, die vor 14 Jahren als erste mit emissionsfreien Bootstouren begann. Die zweistündige Stadtrundfahrt startet nahe der Oberbaumbrücke, der fotogensten der rund 1000 Brücken Berlins, auf Höhe der Stralauer Allee 3. Lautlos zieht die Suncat an der Museumsinsel, am Reichstag und Band des Bundes mit dem markanten Kanzleramt vorbei. Dieses wird vom Volksmund wegen seines Aussehens Waschmaschine, Kohllosseum oder Elefantenklo genannt.
Ronny ist Berliner und spricht lieber im Berliner Dialekt als im angesagten Englisch der Startup-Szene. Er besitzt das Binnenschifferpatent, aber keinen Führerschein. «Wat will icke in Berlin mit ‘nem Auto?», wo man doch in Berlin alles mit den Öffentlichen anfahren könne.
Die Suncat fährt mit Solarstrom und verfügt über je acht Batterieblöcken steuer- und backbord, die zwei Elektromotoren betreiben. Die Akkuzellen in den Batterien sind einzeln austauschbar, so dass nicht die ganze Batterie ersetzt werden muss, wenn eine Zelle den Geist aufgibt. «Im Hochsommer fährt das Schiff von Sonnenauf- bis -untergang ohne zu laden, neun Stunden Strom bleiben für Nachtfahrten», sagt Ronny. Jahrelang seien sie von den anderen Reedern belächelt worden. Inzwischen besitzt Solarwaterworld eine kleine «Sonnenflotte» und bietet in Köpenik kleine, solarbetriebene Boote für Selbstfahrer ohne Bootsführerschein an. Es brauchte viel Durchhaltewillen, meint der Schiffsführer, denn der Standort des Bootsanlegers sei nicht ideal. Die meisten Touristen steigen in der Innenstadt zu. Für die Solaryacht gibt es dort keinen Platz, alle Anleger seien verpachtet und der Senat sage, er könne nichts machen. In allen Belangen durch und durch grün scheint Trendsetting Berlin, wie andere auch, dann doch nicht zu sein.
Bildlegenden:
01. Am Gleisdreieck
02. B-Plan: Beispiel für neues Bauen
03. MOOT heisst Made out of Trash
04. Chinesischer Garten in den Gärten der Welt
05. Die Ästhetik der Klarheit am Flughafen Tempelhof
06. Am Flughafen Tempelhof Haupteingang
07. Rosinenbomber
08. Abfertigungshalle am ehemaligen Flughafen Tempelhof
09. Ronny Fromm führt das Solarschiff Suncat 46
10. Regierungsviertel Berlin mit „Waschmaschine“, Ausschnitt
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Die Reportage wurde unterstützt durch die Deutschen Zentrale für Tourismus.