Weingut und Jardin Val Joanis in der Provence, © Afra Flepp
Le Palais idéal du Facteur Cheval in Hauterives, © Afra Flepp
Sonnenblumenfelder in der Drôme provençale, © Afra Flepp
Rue Albert Camus in Lourmarin, © Afra Flepp
«Chambres d’hôtes»: unterwegs bei Freunden
Von Ingrid Isermann
Drôme provençale und Vaucluse: zwischen Alpen und Mittelmeer liegt die Schatzkammer der Drôme, von den Lavendelfeldern zur Provence in den Luberon und die Vaucluse. Wer unabhängig und günstig reisen möchte, wählt die «Chambres d’hôtes».
Chambres d’hôtes, private Gasthäuser, gibt es überall in Frankreich, oft in renovierten alten Gemäuern oder Schlössern. Nach Montlimar führt die erste Etappe über Genf und Annecy ins Département Drôme. «La Chapotière» liegt am Pilgerweg nach Santiago di Compostela unweit von St. Antoine l’Abbaye, nahe des Rhonetals mit Blick auf die Bergspitzen des Vercors, nur zwanzig Minuten von Valence entfernt, auch gut mit dem TGV erreichbar.
Das romantische, mit Efeu bewachsene Anwesen mit der Ambiance eines Châteaus, dem guten Geist der Schlossherren und funktional neu ausgebauten Räumen, stammt aus dem 16. Jahrhundert. Von Marie und Claude werden wir gastfreundlich begrüsst. Das Abendessen auf der Terrasse wie auch das pétit déjeuner in der Bilderbuch-Landküche mit selbstgebackenem Brot, Orangen-Brioches und hausgemachten Konfitüren sind vorzüglich.
Hauterive, Romans, Valence
Unweit von Montmiral ist in Hauterive das monumentale Le Palais idéal du Facteur Cheval des Briefträgers Ferdinand Cheval (1836 bis 1924) zu bestaunen, der Stein für Stein während 33 Jahren ein phantastisches Bauwerk schuf, das an Hindutempel und Moscheen erinnert und verschiedene Weltreligionen und -kulturen miteinander verbinden und versöhnen sollte. www.facteurcheval.com.
Wir durchqueren die wunderbare Landschaft der Drôme provençale, Olivenbäume und zartlila Lavendelfelder wechseln sich ab mit üppiggelben Sonnenblumen, in dieser Region zählt man etwa 2.500 Sonnenstunden im Jahr.
Die idyllische Altstadt von Romans an der Isère mit 32.000 Einwohnern prägt die wuchtige Saint-Barnard Collégiale Church. Vom Benediktiner-Erzbischof Barnard im Jahre 837 gegründet und während des 11.-15. Jahrhunderts mehrfach restauriert, bewahrt sie das älteste Fresko einer Wandmalerei der Papstpaläste von Avignon aus dem 15. Jh., und als skurrile Reliquie einen roten, in einer Vitrine ausgestellten Schuh von Papst Pius VI., den dieser in Romans 1799 auf dem Weg ins Exil hier verlor. Das Musée international de la Chaussure präsentiert 16.500 Schuhe aus fünf Kontinenten mit 4.000 Jahren historischer Geschichte. Romans ist auch bekannt für günstige Outlet-Stores, in die man en passant hineinschauen sollte. www.romans-tourisme.com.
Valence am Ufer der Rhône ist das Herz der Drôme, erzählt unser Guide Stéphane, der uns auf den Champ de Mars und die Allee mit dem barocken Musikpavillon führt, der dem Illustratoren Raymond Peynet gewidmet ist.
Valence mit etwa 64.000 Einwohnern hat eine über 2000-jährige Geschichte, Valentia war eine römische Kolonie im ersten Jahrhundert v. Chr. Die Kathedrale Saint-Apollinaire aus dem 11. Jh. wurde 1095 vom Papst eingeweiht. Die Altstadt mit schmucken Hausfassaden, dem Maison des Têtes, Läden, Galerien, Parks, Restaurants und kleinen Kanälen, die Valence durchziehen, laden zum Flanieren ein. Die Universität, 1452 von König Louis XI. gegründet, hat derzeit 10.000 Studierende. Zu den Schülern der Militärakademie zählte auch Napoleon Bonaparte.
Im Chambre d’hôtel «Les Amis de Livron» erwarten uns Florence und Cyril mit eisgekühltem Apéro nach der Hitze des Tages. Auf Umwegen haben wir das versteckt liegende Anwesen entdeckt, das vor drei Jahren renoviert und mit beheiztem Swimmingpool seit einem Jahr ganzjährig geöffnet ist. Am Sommerabend mit Blick auf das hauseigene Lavendelfeld mit Gästen zu speisen, bei einem guten Rosé aus der Region und delikater, ländlicher Küche, ist wie bei Freunden zu Gast zu sein.
Montélimar: Die Nougat-Metropole
In Montélimar (30.000 Einwohner) gibt uns die Tourismus-Direktorin Emmanuelle Rival Tipps für die Retrospektive Cathelin im Musée d’art contemporain Saint Martin sowie das Nougaterie-Musée Arnaud Soubeyran, ein Must in der Nougatstadt.
Bernard Cathelin, 1919 in Paris geboren, lebte zeitlebens in der Drôme provençale, deren Landschaften er in glühenden Farben voller irrisierender Intensität malte, das Licht der Provence feiernd. 1951 arbeitete Cathelin mit Matisse, er stellte u.a. in New York. Tokio und Kanada aus. Cathelier starb 2004 in Montéléger. (Retrospektive 1957-2002, bis 2. Oktober 2011. Katalog erhältlich). www.montelimar-tourisme.com.
Das Nougat-Museum Nougaterie-Musée Arnaud Soubeyran, mit Verkaufsladen und Salon de Thé ganzjährig geöffnet, zeigt die Produktion des Nougat in Montélimar in einem Dokumentarfilm. Nougat wird in Montélimar seit dem 17. Jahrhundert ausschliesslich mit natürlichen Produkten wie Bienenhonig, Eiern, Vanille, Zucker, Mandeln und Pistazien hergestellt. www.nougatsoubeyran.com.
Am Abend erwarten uns Catherine und Patrick im «Le Mas de Rabaste» in Allan, der Tisch ist wunderbar gedeckt und mit anderen Gästen schwelgen wir beim mehrgängigen Menu und sitzen noch lange an der grossen Tafel zusammen. Vorteil der Chambres d’hôtes ist auch, dass man manche Geheimtipps erfährt.
Von Le Poët-Laval nach Nyons
Das poetische Bergdorf Le Poët-Laval mit den engen Gässchen und der weiten Aussicht sowie die Olivenöl-Hochburg Nyons stehen heute auf dem Programm.
Das mittelalterliche Städtchen Nyons mit etwa 7.096 Einwohnern liegt am Flüsschen Eygues, 52 km von Montélimar und 42 km von Orange entfernt. Berühmte Spezialitäten von Nyons sind schwarze Oliven und hochwertiges Olivenöl. Für einen Liter Olivenöl benötigt man rund 4,5 Kilogramm Oliven. Der Coopérative du Nyonsais gehören 1.100 Olivenbauern mit 600 Hektaren an. Nyons Weine sind als Côtes du Rhône im Handel. Im Verkaufsladen mit Ausstellung über die Herstellung des Olivenöls sind Oliven, Olivenöl, Tapenade und Weine erhältlich. www.vignolis.fr. www.paysdenyons.com.
Vaucluse: zauberhafte Bergdörfer, Lourmarin und Camus
Richtung Carpentras liegen die pittoresken, ockerfarbenen Bergdörfer der Vaucluse, Gordes und Roussillon am Wege – eine Region des Weins wie der Châteauneuf-du-Pape, der Trüffeln und der Honigmelonen aus Cavaillon. In Carpentras findet von Mitte November bis Mitte März der älteste Trüffelmarkt Frankreichs statt. www.vin-truffe-luberon.com.Auch ein Lavendelmuseum gibt es an der Route de Gordes zu besichtigen: www.museedelalavande.com.
In der idyllischen Landschaft des Luberon besuchen wir Lourmarin, den Wohnort des Schriftstellers Albert Camus, – 1957 für seine Romane «Der Fremde» und «Die Pest» mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet -, dessen Haus wir in Lourmarin in der Rue Albert Camus aufsuchen. Der Autor, 1913 in Algieren geboren, verunglückte 1960 tödlich mit dem Pariser Verleger Gallimard. Erst 1994 wurde seine Autobiographie «Der erste Mensch» aus dem Nachlass veröffentlicht.
Das oberhalb Lourmarin gelegene Schloss gehörte der Gräfin von Agnoult, die mit Franz Liszt (1811-86) verheiratet war, eine ihrer Töchter heiratete Richard Wagner.www.provenceguide.com.
L’Isle-sur-la-Sorgue, die liebliche Kleinstadt mit 350 Antiquitätenhändlern, zieht jedes Wochenende Antiquitätenfans an; sehenswert ist die barocke Stiftskirche Notre-Dame-des-Anges aus dem 17. Jahrhundert.
Von hier aus geht’s nach Lagnes ins schöne «Le Mas des Grès». Nina ist Schweizerin und besorgt seit 1996 mit ihrem Mann Thierry das unlängst renovierte Hôtel de Charme mit 14 klimatisierten Zimmern, Swimmingpool, Jacuzzi, Dampfbad und Gartenterrasse unter 200-jährigen Platanen. Thierry, der leidenschaftliche Küchenchef, liebt es, mit Gästen über die provenzalische Küche zu plaudern, die sich hier wie zuhause fühlen können. Ganzjährig werden Themen-Aufenthalte angeboten, wie zum Beispiel die Einführung in die Cuisine provençale, Trüffel, Degustationen, Naturausflüge zu Fuss oder per Velo.
www.masdesgres.com/pdf/program3_de.pdf
Lohnend ist ebenfalls ein Abstecher ins Val Joanis bei Pertuis auf der Südseite des Luberon. Das Château Val Joanis und Landgut aus dem 17. Jh. mit französischen Gärten, Lavendel, Zypressen und Olivenhainen ist eine Augenweide und bis Oktober geöffnet. Die fruchtigen Weine der «Côtes du Luberon», weiss, rot oder rosé sind hier mit fachgemässer Beratung zu degustieren und auch erhältlich. www.valjoanis.com.
Infos:
Chambres d’hôtes
La Chapotière
Mariethé Marivingt und Claude Goudal
Le Village – 26750 Montmiral
www.lachapotiere.com
2 Zi., 1 Suite 75 m2, Bad, Dusche, WC.
Übernachtung mit Frühstück 85 €, Suite 110 €.
Les Chambres d’Amis
Cyril und Florence Morize
Laville, Lieu-dit La Rolière
26250 Livron sur Drôme
(Nähe Valence)
Le Mas de Rabaste
Catherine und Patrick Rutar
Route Aiguebelle
26780 Allan
(Drôme provençale)
contact@masderabaste.com
Le Mas des Gres
Hotel de Charme***
Nina und Thierry Crovara
Route d’Apt RD 901
84800 Lagnes
(Nähe L’Isle-sur-la-Sorgue)
Gites de France: