März/April 2017
Liebe Literatur- und Kunstinteressierte,
herzlich willkommen!
Literatur & Kunst feiert im März 2017 das 6-jährige Jubiläum!
Ein Grund zum Feiern… und auch zum Nachdenken:
Was kann eigentlich Kunst? Und Literatur?
Sehr viel – yes, she can! Sie macht etwas mit uns und aus uns.
Etwas, was Wirtschaft, Banken und Versicherungen mit ihrem kurzfristigem Profitdenken nicht erreichen: die Poesie und Utopie des besseren Lebens, eines besseren Menschseins (siehe auch Buchtipp Max Frisch-Alfred Andersch) und wer wollte behaupten, dass sei in unserer Welt nicht dringend nötig? Man wünschte sich, dass Milliardäre & Co. subito Millionen an das Kinderhilfswerk Unicef überweisen. Oder den Flüchtlingen zu einem menschenwürdigen Dasein verhelfen. Und solidarisch für den Frieden einstehen. Das Waffengerassel aus Amerika verdient keine Nachahmung ebenso wie die Beschneidung der Pressefreiheit des neugewählten Präsidenten, der sich in eine Reihe mit den Machthabern in der Türkei und Russland stellt.
Kunst ist notwendig, wendig in der Not als unverzichtbares Lebensmittel – zur Lebenskunst.
Es braucht neue Denkansätze – an den diesjährigen Engadiner
Art Talks (E.A.T.) in Zuoz unter dem Motto «Eis und Wüste» stand der Klimawandel im Mittelpunkt. Vielleicht erreicht uns die nächste Eiszeit in 10 000 Jahren, so eine Referentin.
Apropos, wer weiss schon, ob nicht die Evolution unsere Spezies homo sapiens nur erschaffen hat, um die Schönheit der Natur und des Weltalls zu spiegeln und von uns Menschen bewundern zu lassen?
Wir sind Zeugen in und aus der Natur – nothing compares to nature, for sure… Da hilft auch keine Parallelwelt aus Robotern…
Ihre Ingrid Isermann
Was können Sie im März/April auf Literatur & Kunst entdecken?
Jonas Lüschers Roman «Kraft» erregte Aufsehen. Eine Rezension von Philipp Theisohn, C.H. Beck Verlag München, 2016.
Wir stellen Ihnen zwei hierzulande noch eher unbekannte Lyriker vor: Tom Schulz und Orsolya Kalász, eine Rezension von Andreas Kohm.
Monet – welche Augenweide! Simon Baur war für uns vor Ort in der Fondation Beyeler in Riehen b. Basel und stellt Vergleiche zu Kirchner im Kunsthaus Zürich an – die Suche nach einem Ideal.
Da war die Welt noch in Ordnung, nach Ansicht des Patriarchats in der Schweiz. Die Feministinnen stellten diese Ordnung infrage, Petra Volpe stellt sie in ihrem Spielfilm «Die göttliche Ordnung» vor, bis es und wie es zum Frauenstimmrecht 1971 in der Schweiz kam. Rolf Breiner führte ein Gespräch mit der Regisseurin. Aktuelle Filmtipps.
Der Berner Architekt Rolf Mühlethalerist in der Architektur-Galerie in Luzern zu Gast. Eine Monografie ist bei Park Books erschienen, Fabrizio Brentini war vor Ort. «Walter Benjamin: Überlegungen zur Architektur». Der Philosoph, Kulturtheoretiker und Schriftsteller Walter Benjamin (1892–1940) verarbeitete seine Betrachtungen über Paris, Marseille, Neapel, Capri, Ibiza, Moskau und Riga in Essays für Zeitungen und Zeitschriften. Architekturführer Mexico und Bangkok, DOM publishers Berlin, 2017.
Carte Blanche:
Die Engadin Art Talks (E.A.T.) finden in Zuoz seit 2010 statt, gegründet von Cristina Bechtler mit namhaften Kuratoren und hochkarätigen Referenten. Lesen Sie dazu den detaillierten Bericht.
Die Reportage mit Fotos aus Sansibar stammt von Rolf Breiner.
Buchtipps: Freundschaften, unverbrüchlich, fragil und widersprüchlich:
«Max Frisch und Alfred Andersch», Edition A.B. Fischer, Berlin 2016; Elena Ferrante, «Die Geschichte eines neuen Namens», Band 2 der wunderbaren neapolitanischen Saga, Suhrkamp 2017.
Zwei Ausstellungen, die es in sich haben (siehe Frontpage):
Museum Haus Konstruktiv – Ausstellungsblock zu britischer Kunst
MARLOW MOSS – A FORGOTTEN MAVERICK
Die britische Künstlerin Marlow Moss (1889 in Kilburn, London – 1958 in Penzance, Cornwall) ist eine der wenigen Vertreterinnen konstruktiver Kunst der ersten Stunde. Als Rebellin gegen tradierte Kunst- und Geschlechtervorstellungen legt sie 1919 ihren weiblichen Taufnamen Marjorie Jewel ab und nennt sich fortan Marlow. Ihre Kunst orientiert sich in den Anfängen an Piet Mondrians Neoplastizismus, den sie auf eigenständige Weise erweitert und in Reliefs und Skulpturen überführt. Mondrian greift diese Elemente für seine eigenen Kompositionen auf, ohne auf Moss als Urheberin zu verweisen.
Kuratiert von Lucy Howarth und Sabine Schaschl. Howarth promovierte über Marlow Moss und kuratierte für die Tate Gallery die Ausstellung «Marlow Moss», die 2013 bis 2015 durch Grossbritannien tourte. Daneben war sie am Research Department der Tate in London und als Lehrbeauftragte an verschiedenen britischen Universitäten tätig.
Vortrag 1. März, 18.30 Uhr
In Englisch. Eintritt CHF 16/12 (inkl. Museumseintritt)
CERITH WYN EVANS kuratiert von Sabine Schaschl
Cerith Wyn Evans (*1958 in London) hat sich als Konzeptkünstler, Bildhauer und Filmemacher einen Namen gemacht. Für die Ausstellung im Museum Haus Konstruktiv hat er u.a. eine neue Leuchtstoffröhren-Installation konzipiert, deren filigrane Form auf die präzise formalisierten Bewegungen des japanischen Nō-Theaters zurückzuführen ist.
ANDREW
BICK original/ghost/variety/shifted/double/echo, kuratiert von Sabine Schaschl.
Andrew Bick zählt zu den wichtigen, in der Tradition der konstruktiven Kunst arbeitenden Malern der Gegenwart. Das Museum Haus Konstruktiv zeigt eine auf die Architektur der Ausstellungsräume bezogene, installative Inszenierung seiner jüngsten Werke.
Ausstellungen bis 7. Mai 2017 www.hauskonstruktiv.ch
Migros Museum für Gegenwartskunst
Liz Magor: «you you you»
Die kanadische Künstlerin Liz Magor (*1948) zählt in ihrem Heimatland zu den einflussreichen zeitgenössischen Bildhauerinnen. Ihre Arbeiten, die sie seit den 1970er Jahren entwickelt hat, dienten einer ganzen Generation jüngerer Kunstschaffender als Referenz. Im Zentrum ihres Schaffens steht die Produktions- und Wertschöpfungskultur sowie die damit verknüpfte ambivalente Beziehung des Menschen zu Konsumgütern.
Ausstellung bis 7. Mai 2017 www.migrosmuseum.ch
Ausschreibung Poesie-Wettbewerb
Anlässlich des UNESCO Welttages der Poesie wird dieses Jahr erstmals in der deutschen Schweiz der bereits in der Romandie etablierte «Printemps de la Poésie» (printempspoesie.ch) samt einem Schreibwettbewerb ausgeschrieben. Der Einsendeschluss für Texte auf Deutsch, Englisch oder Französisch ist der 15. März 2017 an poesiezurich@gmail.com. Am Abend des 19. März werden im Theater am Irchel Texte vorgelesen und Preise verliehen.
«Giardina 2017 – Mit natürlichen Gartenbildern verzaubern»
Vom 15. bis 19. März 2017 findet auf 30’000 m2 die international grösste Indoor-Gartenausstellung in der Messe Zürich statt. Die Giardina legt den Fokus auf die «neue Natürlichkeit» in der Gartengestaltung, wie u.a. Blumenwiesen-Look mit Stauden und Ziergräsern.
Rund 270 Aussteller aus acht europäischen Ländern mit vielseitigen Showgärten bis zu 600 m2 bieten eine Fülle kreativer Trends und Inspirationen. Ein besonderes Highlight ist auch der Japan-Garten mit Koiteich und Pavillon. Oder der «Garten der Poesie», den Kobel Gartengestaltung zu einem Literaturgarten einrichtete, mit einer einzigartigen Büchermauer, einem Lesewagen und vor Ort stattfindenden Lesungen. Unter dem Motto «Hier und Jetzt» inszeniert die Spross Gartengestaltung einen Rückzugsort inmitten einer sinnlichen Erlebniswelt mit Platanen, Gartenschaukeln, Wasserfontänen, Licht und Klang. Das Unternehmen zeichnet zum 125-jährigen Jubiläum auch für das leitende Gartenthema «Neue Natürlichkeit» verantwortlich. Kunsthandwerker aus der ganzen Schweiz präsentieren zudem ihre Unikate.
Mi/Do 9.00 – 20 Uhr, GiardinaFRIDAY 9.00 – 22 Uhr, Sa/So 9.00 – 18 Uhr
www.giardina.ch
Leipziger Buchpreis für Natascha Wodin
Die 71-jährige Schriftstellerin wird in der Kategorie Belletristik für ihren Roman «Sie kam aus Mariupol» ausgezeichnet. Weitere Preisträgerinnen sind die Übersetzerin Eva Lüdi Kong und die Sachbuchautorin Barbara Stollberg-Rilinger. Die Autorinnen nahmen die mit insgesamt 45.000 Euro dotierte Auszeichnung zu gleichen Teilen entgegen. Der Leipziger Buchpreis zählt zu den wichtigsten Literaturauszeichnungen. Erstmals ging er in allen drei Kategorien an Frauen.
Natascha Wodin erzählt in der literarischen Biografie «Sie kam aus Mariupol» (Rowohlt) die Geschichte ihrer Mutter, die aus der ukrainischen Hafenstadt Mariupol stammte. Als junge Frau erlebte sie den Untergang ihrer Adelsfamilie im stalinistischen Terror, 1944 wurde sie von den Nazis als Zwangsarbeiterin nach Deutschland verschleppt. Zwölf Jahre später nahm sie sich das Leben. Ihre beiden Töchter waren vier und zehn Jahre alt.
Die Buchpreis-Jury: «Natascha Wodin forscht nach ihrer Mutter, die im Zweiten Weltkrieg aus der Ukraine nach Deutschland deportiert wurde. Eine literarische Biografie, die an die Geschichte der Zwangsarbeiter erinnert, und eine persönliche Spurensuche, die dem Verlorenen eine Sprache gibt». Natascha Wodin, in Fürth als Kind ukrainischer Zwangsarbeiter geboren und in Nachkriegslagern aufgewachsen, lebt seit 1994 in Berlin.
«Theater Neumarkt: Jakob Augstein trifft Constantin Seibt –
Eine Online-Zeitung ist ein heisser Lauf»
Mit Jakob Augstein (*1967), Herausgeber «Der Freitag», startet eine neue Gesprächsreihe im Theater Neumarkt Zürich. Eingeladen hatte der deutsche Top-Journalist am 27. März 2017 Constantin Seibt, seines Zeichens ebenfalls langjähriger erfolgreicher Journalist («WOZ»), der 2016 dem «Tages-Anzeiger» den Rücken kehrte und als Gründer von PROJECT R kritischen Journalismus in der Schweiz verspricht. Zur Sprache kommen sollten «Rechtspopulismus und Medien, aufhaltbare und unaufhaltbare Veränderungen».
Auf dem Podium wirkte Constatin Seibt (*1966), der ein bisschen wie Alexis Sorbas aussieht, mit fast ergrautem Haarschopf und zerfurchter Miene, skeptisch, aber hoffnungsvoll, dass die nötigen Geldmittel zusammen kommen, damit das Projekt überhaupt gestartet werden kann. 3,5 Millionen Franken an Investoren- und Spendengeldern sei bereits versprochen worden, unter der Bedingung, dass mindestens 3000 Personen noch zusammen 750 000 Franken für den Start beisteuern. Per Crowdfunding wird ab Ende April die Sammelaktion gestartet. Die Online-Zeitung benötigt 22 000 Abonnenten (240 Franken kostet das Jahresabo), um zu überleben. Am 30. Mai fällt die Entscheidung für das ambitionöse Projekt. Die Initianten schätzen den Geldbedarf selbst auf 7 Millionen Franken, bis in fünf Jahren soll das Online-Magazin dann selbsttragend sein. Etwa 15 Personen werden den Laden schmeissen, so Seibt, aber noch sei kein endgültiges Konzept vorhanden, auf jeden Fall wolle man die Recherche pflegen und Hintergründe intensiv beleuchten. Die Abonnenten würden also sozusagen die Katze im Sack kaufen, im Vertrauen auf einen kritischen, anspruchsvollen Journalismus mit Biss. Man darf gespannt sein und wünscht dem Unternehmen alles Gute. Und wenn es nicht klappt? Dann bleibt als Ausweg noch die Werbung, meinte Seibt, der aber keine Werbung auf dem Projekt R zulassen will. Auch nicht artverwandte, fragte Augstein. Die IT-Gestalter seien dagegen meinte Jung-Unternehmer Seibt. Widersprüche sind erlaubt…
Ein Hit: «Good People» im Theater Neumarkt
Als wär’s ein Stück von Ken Loach, doch diesmal nicht in der britischen Version vor dem Brexit, sondern im American Style of Life heute. Amerika, du hast es besser… diese Zeiten sind vorbei, augenscheinlich seit Donald Trumps Wahl zum US-Präsidenten, den der weisse abgehängte Mittelstand wählte. Von den sozialen Unterschieden, von Winnern und Losern, handelt das Stück, von den realen Verhältnissen in Amerika also.
Pulitzer-Preisträger David Lindsay-Abaire hat den „Well-made Play“ verfasst, der von „Good People“ handelt, die alle irgendwie sein wollen. Das Stück wurde mit grossem Erfolg 2012/13 in den USA aufgeführt.
Margaret (Hilke Altefrohne) hat ihren Job als Kassiererin im One-Dollar-Shop verloren, wegen ständiger Unpünktlichkeit, wie ihr Chef Steve reklamiert, der auf ihre behinderte Tochter keine Rücksicht nimmt. Doch Steve (Miro Maurer) hat auch einen Job-Tipp, es bei ihrem früheren Freund Mike (Martin Butzke) zu versuchen, der es aus den Southies von Boston zum Arzt mit Villa und afroamerikanischer Frau (Cynthia Micas) und Familie gebracht hat. Bingo! Margie fürchtet, ihre Miete nicht mehr zahlen zu können. Der American Dream ist in weiter Ferne… «Du hast nur Glück gehabt», sagt Margie zu Mike. Der fast filmmässig rasante Einstieg mit Schlagzeug und Batman am Wolkenkratzer, blitzgescheiten Dialogen, Szenenwechsel in Slapstick-Manier, (Bühnenbild Michael Graessner, Kostüme Valentin Köhler) begeistert und vermittelt einen tiefgründigen Einblick voller schwarzem Humor in soziale Abgründe. Empfehlenswert!
Premiere 8. April. Bis 22.Mai 2017.
www.theaterneumarkt.ch
Wir freuen uns über Ihr grosses Interesse an Literatur & Kunst, halten Sie uns weiterhin die Treue und machen Sie’s gut!
Einen schönen Frühling wünscht Ihnen
herzlich
Ihre Ingrid Isermann, Herausgeberin