September/Oktober 2019
Liebe Kulturinteressierte, liebe Freundinnen und Freunde
Herzlich willkommen auf Literatur & Kunst!
Donald Trump will Deutschland kaufen!
Das sind natürlich Fake News, aber ganz nach dem Geschmack des früheren Immobilienhändlers, Business-Tycoons und heutigem US-Präsidenten Donald Trump, der wie kürzlich als real News vermeldet, Grönland kaufen wollte und sich einen Korb bei der dänischen Regierung holte. Und daraufhin seinen Staatsbesuch in Dänemark absagte. Bad behaviour! Die Wahlen für die zweite Amtszeit stehen bevor und noch kann sich alles Mögliche ereignen. Auch der Brexit ist ein veritabler Stolperstein für den neuen Premier Boris Johnson, dem Trump attestierte «he will do a great job!». Reisende soll man nicht aufhalten, aber ist es so klar, dass die Briten wirklich aus der EU abreisen wollen? Oder wäre ein neues Referendum die bessere Idee?
Vor der Wahl…
Bei der SVP ist der Wurm drin, im Apfel-Wahlplakat! Gemeint sind wie immer die anderen Parteien als ‚Schädlinge‘, sprich damit auch das Volk, das die SVP nicht wählt… soll man es austauschen oder ausschaffen, wenn es nach der SVP geht? ‚Protect me from what I want‘ wäre ein passender Wahlslogan für die Partei. Die Partei hat keine neuen Ideen und kann wohl nicht mehr zurück. Das einzig Beständige ist jedoch der Wandel. Mit Gewürm lockt man niemanden an, das sind böse rassistische Assoziationen. Freiheit sieht anders aus! Die SVP beharrt mit Starrsinn darauf, dass die Schweiz mit dem Rahmenvertrag ihre Freiheit und Souveränität aufgibt. Es entspricht nicht der Wahrheit, der Rahmenvertrag schafft im Gegenteil eine grössere Rechtssicherheit für den Handel mit der EU als die bisherigen Bilateralen und ein Mitspracherecht bei Streitigkeiten, die bei den bisherigen langjährigen Verträgen noch nie vorgekommen sind, wo Regeln übernommen wurden, die eben regelkonform für alle 27 EU-Mitgliedsländer gelten. Beim Lohnschutz ist die EU der Schweiz entgegengekommen, dass Anmeldungen verkürzt auch online getätigt werden können. Der Lohnschutz aber geht doch von den Schweizer Unternehmern aus. Die Unionsbürgerrichtlinie ist nicht Teil des Vertrages, der endlich unterschrieben werden sollte. Warum lässt sich der hasenfüssige Bundesrat von der Gewerkschaft und der SPV dirigieren? Man versteht es nicht, weder hierzulande noch in Brüssel. Es geht doch nur um berechtigte Handelsverträge, nicht um politische Verträge! Es geht nicht um die Abschaffung der Parteien und des Parlamentes in der Schweiz oder um die Abschaffung der Meinungsfreiheit. Fazit: ‚Much Ado about nothing‘, um es mit Shakespeare zu sagen. Und damit das ganze Theater um den Rahmenvertrag keine shakespear’sche Tragödie wird, sollte der Rahmenvertrag bald unterschrieben werden. Vielleicht gelingt das nur mit einem neuen Bundesrat? Bald sind Wahlen…
Apropos Wahlen: Auch in Deutschland wird gewählt, im September sind Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen,später in Thüringen, hier wird einiges in Bewegung geraten, demnächst mehr. Alles fliesst, sagte schon Heraklit.
PS. In Thüringrn wurde die Partei Die Linke mit 31 Prozent zur stärksten Partei, doch SPD und Grüne schwächelten, sodass Rot-Rot-Grün abgewählt wurde. Die CDU machte ihr schlechtestes Ergebnis ever, mit nur 21.8 Prozent, überholt von der AfD mit 23.5 Prozent. Eine Reigerungsbildung mit divergierenden Polen ist schwierig. Notfalls regiert der Ministerpräsident Bodo Rameloh allein weiter. Solange die AfD nazifreundliche Mitglieder hofiert, wird sie nicht koalitionsfähig sein und gilt nicht als bürgerliche Partei.
Ihre Ingrid Isermann
Nun haben sie gewählt, die Ostdeutschen! Es kam nicht ganz so arg, wie gedacht, CDU und SPD sind in Sachsen und Brandenburg die stärksten Parteien geblieben, aber mit Blessuren. Sie werden neu zwei andere Partner zum Regieren brauchen, u.a. die Grünen, die nicht so zugelegt hatten wie erwartet. Triumphiert hat die AfD. Ihre Neonazi-Kumpanei hat der Partei nicht geschadet, erstaunlicherweise. Einige Kommentatoren führen das auf die unbewältigte Holocaust-Debatte im Osten zurück. Wie auch immer, mir gefällt die Opfer-Rolle der AfD nicht. Warum kauften die Ostdeutschen nach der Wende nicht weiter ihre eigenen Produkte, die im Laden liegen blieben und bald nicht mehr hergestellt wurden. Eine selbstverschuldete Ost-Wirtschaftsflaute nebst der umstrittenen Treuhand. 1990 sass ich in Ost-Berlin mit Christa Wolf, Friedrich Schorlemmer und Stefan Heym auf dem Podium im Haus der Kulturen, Diskussion über die Zukunft der ehemaligen DDR. Wolf und andere Votanten plädierten für einen dritten Weg, nicht alles aus der DDR zu verwerfen, sondern die Menschen mit einzubinden. Genau dieser Meinung war auch Marion Dönhoff von der ZEIT, aber Kohl wollte davon nichts wissen. Sicherlich mit ein Versäumnis, warum sich viele Ex-DDRler nicht mit Deutschland (West) identifizieren können oder wollen. Der eklatante Aderlass, dass selbst nach der Wende noch zwei Millionen Ostdeutsche in den Westen überwechselten, wie Millionen zuvor, wirft auch ein Schlaglicht auf die entvölkerten Regionen. Nicht alles kann man dem Westen anhängen. Die AfD versucht aus der Verunsicherung der Menschen Kapital zu schlagen, mit sehr fragwürdigen Mitteln. Demokratie sieht anders aus! Die Regierungsparteien müssen sich jetzt etwas einfallen lassen, die Zeit drängt. 2. September 2019
Nachsatz Ständerats- und Nationalratwsahlen 2019 in der Schweiz
Die Grünen haben Hochkonjunktur, nicht nur in Europa, sondern auch in der Schweiz. Die Wahlgewinne sind beträchtlich und es wird bereits von einem grünen Bundesratssitz gesprochen. Aber ob das im Dezember bei den Bundesratswahlen Wirklichkeit wird, steht in den Sternen. Wahlverliererin ist die SVP mit neu 53 Sitzen (-12 Sitze) und die SP neu mit 39 Sitzen (-4 Sitze). Gewinner sind die Grünen mit 28 Sitzen (+17), die Grünliberalen mit 16 Sitzen (+9). Ein kleiner Erdrutschsieg für die Schweiz! Die FDP hat 29 Sitze (-4), die CVP hält 25 Mandate (-3), die EVP 3 Sitze (+1), und die BDP 3 Sitze (-4). Die Klimadebatte hatte also ihre Auswirkungen trotz der von der SVP beschworenen «Klimahysterie». Damit konnte auch Roger Köppel bei den Ständeratswahlen nicht punkten. Er landete auf dem dritten Platz nach dem mit einem Glanzresultat gewählten SP-Ständerat Daniel Jositsch und dem FDP-Ständerat Ruedi Noser, der nicht gewählt wurde. Am 17. November ist die Nachwahl um den zweiten Zürcher Ständeratssitz. Noser tritt an gegen die Grüne Marionna Schlatter. 21./27. Oktober 2019.
Können schwule Männer die Welt retten?
In erster Linie retten sie die Frauen. Weil sie sie in Ruhe lassen.
Kein MeToo, keine Belästigung. Das ist schon viel. Aber noch viel mehr.
Weil schwule Männer (meistens) Frauen nicht im Wege stehen.
Sie finden sie sogar (meist) gut. Ausnahmen bestätigen natürlich
die Regel. Aber im allgemeinen kann man mit schwulen Männern
vernünftig reden. Nicht nur, weil sie die Frau nicht als Sexobjekt
betrachten. Sondern weil sie (meist) kultivierter, modischer, interessierter und vielfältiger daherkommen als ihre anderen Geschlechtsgenossen. Sorry, Gentleman, von ihnen könnt Ihr Euch noch etwas abschauen. Das tut nicht weh. Und uns Frauen gut. Nur Mut!
PS. Nicht verschwiegen werden sollen die schwarzen Schafe der Pädophilen oder homophoben Priester, von denen der Autor Frédéric Martel in seinem neuen Buch «Sodom» über Homosexualität sagt, «je homophober ein Priester oder Kardinal in der Öffentlichkeit ist, desto grösser ist die Chance, dass er privat homosexuell ist». S. Fischr Verlag, 672 S., CHF 36.
Literarische Gespräche
Geht es Ihnen auch so mit Gesprächsrunden bei literarischen Gesprächen, man wartet auf das erhellende Wort, das einem dazu verleitet, ein Buch zu kaufen, nickt zwischendurch mal ein und weiss vor lauter Palaver nicht mehr, was nun Sache ist. Parole, Parole… geht’s um das Buch oder den Interpreten, der oder die sich vorteilhaft in Szene setzen will, mit lauter schlauen Worten? Und manche/r denkt derweil, ich bin doch viel zu unbedeutend und unwissend, dass ich da mitreden und mithalten kann. Und Lust, ein Buch zu kaufen, habe ich auch nicht mehr… klar, geht mir oft auch so. Es ging mir so beim Literarischen Quartett an der Frankfurter Buchmesse am Freitag, 18. Oktober 2019, wo Sibylle Berg, Volker Weidermann, Thea Dorn und Westermann u.a. über Nora Bossongs «Schutzzone» oder Eugen Ruges «Metropol» diskutierten, nordpol- und südpolmässig konnte man nicht auf einen Nenner kommen. Frau Berg tat auch kund, dass sie überhaupt kein Buch gefunden hätte, das ihr irgendwie gefiel. Sie hat denn einen Gotic Comic ausgewählt, mit Figuren ohne Emotionen, die robotermässig dreinschauen. Auch nicht mein Ding. Volker Weidermann, mit wilder Sturmfrisur, alle Achtung, wenigstens ein kleiner Ansatz, aus der Norm zu fallen, als Mann, heute auch nicht mehr so einfach, konnte auch wenig Erhellendes beitragen. Thea Dorn verteidigte Handke, das war ebenfalls ein Thema, sein Nobelpreis, ja, und Frau Berg mit Turmfrisur, man leidet ja auch optisch mit, konnte Handke gar nicht leiden und verstand die Nobelpreis-Entscheidung nicht. Dass diese beiden Schriftsteller nicht zusammen passen, ist offensichtlich, kein Problem. Weidermann hielt Handke doch einiges zugute, aber die Fronten sind klar. So ist das auch in der Literatur, wieso sollte es da anders sein als im Krieg? Es ist immer schwierig, sich über Kollegen und Kolleginnen zu äussern, natürlich kann man sich da die Finger verbrennen. Dennoch, ein Gewimmel und Gewäsch sich anzuhören, gerade, wenn es um Literatur geht, schmerzt. Kann man nicht kürzer und prägnanter auf den Punkt kommen, ohne Häme, warum man/frau nun dieses oder jenes Buch empfiehlt? Würde ja schon langen.
Am Sonntagmorgen, zur Konkurrenz der CH-Sternstunden Philosophie um 11 Uhr, ist der launige Thomas Gottschalk wieder dran, Gespräche über Bücher. Aber mit den Autoren. Ob das was bringt, schaue ich mir dann gerne mal an. Auch der vielfach belächelte und sehr erfolgreiche Schweizer Autor Martin Suter (steht auf der SPIEGEL-Bestsellerliste) ist dabei.
Wahlsonntag, 20. Oktober 2019, 10.45 h, 3-sat.
19. Oktober, Ingrid Isermann
Der Fussgänger (HOMO PEDES)
Der Fussgänger kennt seine Lage. Auf Zebrarücken lässt er sich über Verkehrsinseln tragen.
Ampeln weisen in Wüstenzonen die Richtung.
Seinen Weg passieren des öfteren Kamele, Wüstenschiffe am Horizont.
Der Odem der Meditation liegt über dem Fussgänger.
Der Fussgänger ist unterwegs, um Menschenrechtsfragen zu erörtern.
Er braucht einen Kompass, den er stets bei sich trägt.
So weit ihn die Füsse tragen, ist Energie sein Motor.
Manchmal begegnet er einem Sandsturm, manchmal einem Erstklässler,
manchmal einer Fata Morgana.
(aus: Unernste Betrachtungen für ernste Zeitgenossen, 1991)
Was können Sie im September/Oktober 2019 auf Literatur & Kunst entdecken?
Brigitte Kronauer gehört zu den bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen, 2005 erhielt sie den renommierten Büchner-Preis. Am 22.Juli ist die 1940 in Essen geborene Schritstellerin in Hamburg verstorben. Ihr letztes Buch ist ein Vermächtnis: «Das Schöne, Schäbige, Schwankende» – 39 Thriller der glamourösen Art! Klett-Cotta, 2019.
Sally Rooney ist der neue Star am Literaturhimmel der jungen Generation. Die 28-jährige Dubliner Schrifstellerin macht Furore mit ihrem Roman-Erstling «Gespräche mit Freunden», ein hinreissendes Debüt! Luchterhand, 2019.
«Gedicht / Gesicht» – Ausstellung zur Gegenwartsliteratur im Strauhof Zürich. Lesung mit Zsuzsanna Gahse und Kurt Aebli. Von Rudolf Bussmann.
David Lynch ist eine Ikone. Obwohl er kaum noch von sich hören lässt, ist er im Gespräch. Marion Löhndorf über den berühmten Briten.
Film-Porträts von Rolf Breiner. Aktuelle Filmtipps, u.a. «Late Night» mit der wunderbaren Emma Thompson. Das Fotomuseum Winterthur lädt zu einer neuen Ausstellung «Color Mania». Nachruf auf den Fotografen Robert Frank, der am 9. September 2019 mit 94 Jahren verstorben ist. Vorschau auf das tolle Programm des Zurich Film Festivals ZFF vom 26. September – 4. Oktober 2019. Zahlreiche Stars kommen nach Zürich, u.a. Kristen Stewart und Cate Blanchett für die Golden Eyes, die auch ihre neuen Filme präsentieren.
Architektur-Tipps von Fabrizio Brentini, Monographie über Graber&Steiner. L&K-Architekturtipps.
Frontpage Mitte: Ausstellung «Maske» – In der Kunst der Gegenwart», 1. September 2019 – 5. Januar 2020. Aargauer Kunsthaus. aargauerkunsthaus.ch
Reportage «Lachsfischen in Schottland» von Ingrid Schindler. Allerlei Wissenswertes über den Lachs und vielleicht auch eine Inspiration für Ihre nächste Schottland-Reise?
«Tagebuch einer Ewigkeit» von Petros Markaris ist eine besondere Geschichte, nämlich seine Aufzeichnungen während der Dreharbeiten mit dem griechischen Regisseur Theo Angelopoulos. Lesen Sie selbst! Diogenes, 2019.
Die Theatersaison hat begonnen! Und ein neues Ensemble ist im Schauspielhaus Zürich und im Schiffbau am Werk. Spannend! Im Pfauen ist die Premiere «Mirande July: Der erste fiese Typ» zu sehen. Lesen Sie unseren Stimmungsbericht auf der Carte Blanche!
Buchtipps: «Auf Schritt und Tritt – Der schweizerische Schuhmarkt 1918-1948» von Roman Wild. Eine spannende Geschichte über den Schuhmarkt zwischen den beiden Weltkriegen. NZZ Libro, 2019.
«111 Jahre Hotel Waldhaus Sils» – das bedeutet Wellness à discrétion! Eine anregende und unterhaltsame Familiengeschichte über ein Hotel der Sonderklasse. Scheidegger & Spiess, 2019.
Buchmesse Frankfurt am Main 2019.
Unter dem Motto «Der Traum in uns» präsentiert sich Norwegen in diesem Jahr als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Neben dem Literaturprogramm zeigt Norwegen ein umfangreiches Kulturprogramm, das bildende Kunst, Bühnenkunst, Musik, Film und Architektur umfasst. www.norwegen2019.de
Literaturnobelpreis für 2019 geht an Peter Handke – Nobelpreis 2018 für Olga Tokarczuk
Die Literaturnobelpreise für 2018 und 2019 sind vergeben worden: Der Literaturnobelpreis für das Jahr 2019 geht an den Österreicher Peter Handke. Zugleich erhält die polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk den nachgeholten Literaturnobelpreis für das Jahr 2018. Dies teilte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm mit. Damit werden in diesem Jahr zwei Europäer mit der renommierten Auszeichnung geehrt.
Handke habe sich seit seinem 1966 erschienenen Debütroman „Die Hornissen“ mit Werken in verschiedenen Genres als einer der einflussreichsten Schriftsteller der europäischen Nachkriegszeit etabliert, sagte der Vorsitzende des Nobelkomitees der Akademie, Anders Olsson, bei der Bekanntgabe. Mit seiner Arbeit habe der 76-Jährige „mit linguistischem Einfallsreichtum die Peripherie und die Spezifität der menschlichen Erfahrung erforscht“, erklärte die Akademie.
10. Oktober 2019
Deutscher Buchpreis für Saša Stanišić
Saša Stanišić, *1978 im bosnischen Visegrad geboren, und seit 1992 in Heidelberg lebend, wurde mit dem mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis 2019 für seinen autobiografisch geprägten Roman «Herkunft» ausgezeichnet. In seinem Roman verarbeitet der Autor die Flucht mit seinen Eltern vor dem Jugoslawienkrieg nach Deutschland. «Herkunft» zeichne das Bild einer Gegenwart, die sich immer wieder neu erzähle, begründete die Jury ihren Entscheid. So werde aus dem «Selbstporträt mit Ahnen» der Roman eines Europas der vielen Lebenswege. 2014 wurde Stanišić bereits mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet.
Wir wünschen Ihnen einen wunderbaren Herbst mit Literatur & Kunst!
Ihre Ingrid Isermann, Herausgeberin