FRONTPAGE

«Fischland-Darss-Zingst: die idyllische Halbinsel an der Ostsee bietet Wellness, Kunst und Kultur»

Von Ingrid Isermann

 

Die unberührte Natur-Boddenlandschaft zwischen Darss und Zingst mit dem unvergleichlichen Licht, Steilküsten, Dünen, Nehrungen, Watten und Salzgrasinseln, lockt seit dem 19. Jahrhundert Künstler in das Ostseebad Ahrenshoop. Die Künstlerkolonie feiert 2017 mit einem ganzjährigen Festprogramm ihr 125-jähriges Jubiläum. Das Ostseeheilbad Zingst ist berühmt für das internationale Umweltfotofestival «horizonte».

 

Wie kommt man am schnellsten an die Ostsee? Seit Mai 2017 fliegt die Germania von Zürich aus jeden Freitag und Sonntag in gut einer Stunde nach Rostock. Vom Flughafen Rostock-Laage holt uns ein Shuttle-Bus des 5-Sterne-Hotels «Neptun» zum Seebad Warnemünde ab, einem Stadtteil im Norden der Hansestadt Rostock.
Die malerische Altstadt mit Kopfsteinpflaster, engen Gassen und den gepflegten Fachwerkhäusern scheint wie aus der Zeit gefallen. Entschleunigung ist angesagt. Wir entdecken mit unserem kundigen Guide die Lieblingsplätze von Edvard Munch oder Joachim Ringelnatz und schlendern über die Promenade bis zum Leuchtturm und zum Warnemünder Wahrzeichen «Teepott» mit verschiedenen Restaurants, begleitet von den Loopings der Seemöwen und einer frischer Brise. Die Seeluft ist voller Salzpartikel, die sich beruhigend auf den Organismus auswirken.
Ab und zu ertönt ein lautes Schiffstuten, wenn sich einer der AIDA-Kreuzfahrtriesen verabschiedet. Die grossen Pötte liegen in Sichtweite hinter den Häuserreihen. 38 verschiedene Luxusliner werden bis Oktober erwartet. Warnemünde ist Deutschlands bedeutendster Kreuzfahrthafen.

 

Wellness, Spa und Kitesurfing
Warnemünde an der Warnow, die in die Ostsee mündet, wurde 1195 erstmals in dänischen Urkunden erwähnt, seit 1323 gehört Warnemünde zu Rostock. Die Flut kann hier zwei Meter hoch steigen und man tut einiges, um die Deiche zu schützen.
Von der bewegten Geschichte kündet auch eine Störtebeker-Figur des berühmt-berüchtigten Seeräubers (um 1360), der beim Spaziergang en passant lässig an einem Restaurant lehnt.
Im Hotel «Neptun» steht dann alles für eine erholsame Original-Thalasso-Therapie mit Meerwasser und Algen bereit. Das 1971 erbaute Hotel wurde in den 90er-Jahren vollumfänglich renoviert. Von allen Hotelzimmern sieht man auf die blau blitzende Ostsee und den 150 Meter breiten imposanten weissen Sandstrand mit bunten Strandkörben, auf Kutter, Boote und Ozeanriesen oder waghalsige Kitesurfer und Windsurfer.

 

Sommerspektakel in der alten Neptunwerft in Warnemünde

Die alte Schiffbauhalle erinnert an die Industriearchitektur jener Zeiten, als gigantische Werften Ausgangsorte für die grosse Freiheit auf See waren.

Das Volkstheater Rostock lädt zum Träumen ein, das Ensemble erzählt von Mythen an einem Ort, der selbst ein Mythos ist: mit Klassik, Rock’n’Roll und sogar einer Kriminaloper «La Signora Doria» und der Musik von Giacomo Puccini (bis 30. Juli 2017).

 

Lagunenlandschaft mit dem Reiz des Reizklimas

Im hohen Norden Mecklenburg-Vorpommerns liegt die Halbinsel Fischland-Darss-Zingst mit Ostseebädern, Erholungsorten und dem Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft entlang einer 45 Kilometer langen Küstenlinie.  Die weite Landschaft begleitet uns mit bis zum Horizont leuchtend gelben Rapsfeldern. Durch seine Lage auf der schmalen Landzunge zwischen Ostsee und Bodden, die das Fischland mit dem Darss verbindet, ist Ahrenshoop ein landschaftlich bevorzugter Ort, wo sich Wetterverhältnisse schnell ändern und mit einer eigenen Lichtdramaturgie bezaubern. Die flache Region lässt sich optimal auch mit dem Fahrrad erkunden.

«Wenn die Kraniche ziehn»... Im Herbst bietet sich das atemberaubende Schauspiel der Zugvögel wie der Kraniche, die zu Tausenden in den seichten Boddengewässern auf ihrem Weg in den Süden hier rasten. Rothirsche lassen sich von nah beobachten und Wanderungen durch den Nationalpark ein besonderes Erlebnis.

 

Bürgermeister und Künstler Hans Götze aus Ahrenshoop führt uns in einem Rundgang zu den Kunstkaten, der Galerie im Dornenhaus, erbaut um 1660, mit traditioneller Fischlandkeramik und über einen Grenzweg zur malerischen Steilküste.

 

Frischen Fisch probieren wir im Räucherhaus direkt am Hafen von Ahrenshoop, das von der Familie Schönthier, einer der ältesten Fischerfamilien der Region geführt wird. Neben der Gaststätte und der angeschlossenen Fisch-Räucherei betreibt der bis heute aktive Fischer Andreas Schönthier zwei Zeesboote, die traditionellen Fischerboote auf dem Darss, auf denen auf Ausflügen auch mitgesegelt werden kann.

 

Traditionsreiche Geschichte des Künstlerortes Ahrenshoop
Die Anfänge des Künstlerortes Ahrenshoop liegen im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, als Malerinnen und Maler das Fischerdorf und seine reizvolle Umgebung entdeckten. Ländliche Alltagsszenen waren willkommene Motive für Künstler, die nach dem Vorbild der französischen Freilichtmaler ihre Ateliers verliessen, um unter freiem Himmel nach der Natur zu malen.

In Ahrenshoop entstand unter dem Landschaftsmaler Paul Müller-Kaempff  (1861-1941) eine Künstlerkolonie, die 2017 mit einem ganzjährigen Festprogramm ihr 125-jähriges Jubiläum feiert.
Auch die Expressionisten Erich Heckel, Max Pechstein, Alexej Jawlensky und Marianne Werefkin kamen als Malgäste zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Ahrenshoop, sie tauchten das Meer, Strand und Wälder in leuchtende Farbigkeit. In den Jahren der Weimarer Republik besuchten neben Malern auch Schriftsteller, Musiker und Schauspieler den populären Badeort, der scherzhaft «Badewanne Berlins» genannt wurde. George Grosz karikierte mit spitzer Feder das quirlige Treiben an den Stränden, während Lyonel Feininger hier Skizzen und Studien für spätere Gemälde schuf. Im Sommer 1918 schwärmte der prominenteste Gast von Ahrenshoop, Albert Einstein: «Ich liege am Gestade wie ein Krokodil, lasse mich von der Sonne braten, sehe nie eine Zeitung und pfeife auf die sogenannte Welt».
Während des Nationalsozialismus wurde die Gegend zum Rückzugsort für Künstler, die als entartet verfemt wurden, wie Ernst Wilhelm Nay, der später ein wichtiger Vertreter der westdeutschen abstrakten Kunst wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte man in der DDR die Tradition des Künstlerortes fort. Ahrenshoop wurde zum «Bad der Kulturschaffenden» erklärt, ein Ferienort der Kulturelite des Landes, den seinerzeit Bertolt Brecht, Helene Weigel, Arnold Zweig, Uwe Johnson und Elisabeth Shaw besuchten.

 

3000 Betten und 400 Rehe – Kunst, Kulinarik & Wellness
Das Ostseebad Ahrenshoop mit 650 Einwohnern bietet etwa 3000 Betten für Übernachtungen an, 30 Prozent sind auch im Winter ausgelastet. Es finden jährlich Film- und Literaturtage statt, dieses Jahr vom 10. September bis 3. Oktober. Seit über 90 Jahren ist die «Bunte Stube» ein kultureller Treffpunkt der Künstler und Kunstinteressierten. Die Buchhandlung verfügt auch über eine gut sortierten Auswahl an regionaler Literatur.

Der weisse Sandstrand und die frische Brise ziehen Skiter und Segler magisch an, «300 Tage Wind, der Rest Sturm…», witzelt Hans Götze, der uns im schmucken Ort mit den gepflegten Reetdachhäusern, Jugenstilvillen und Bauhausarchitektur herumführt. An der Küste wachsen wilde Sanddornbüsche und Götze erklärt, dass nur einige Sanddorn-Beeren schon den Vitaminbedarf eines ganzen Tages decken; der Sanddorn ist sehr vitaminreich und in mannigfaltiger Ausgabe erhältlich, es gibt Sanddorn-Seife, Kosmetika und auch einen Sanddorn-Schnaps.

 

Kunstmuseum Ahrenshoop
Das im August 2013 neu eröffnete Kunstmuseum Ahrenshoop ist Ausstellungs-, Begegnungs- und Forschungszentrum des Künstlerortes: eine Trouvaille mit einer exzellenten Sammlung von mehr als 800 Gemälden und Skulpturen von Künstlern, die in der Küstenregion gelebt und gearbeitet haben.

Die aussergewöhnliche Architektur der fünf leicht unterschiedlich grossen Häuser bilden ein Zentrum. Das Dach geht nahtlos in die Fassade über, die Walmdächer mit goldfarbener Metallriffelung, die an Schilfdächer erinnert, haben spezielle Oberlichter, die mit einem Prismensystem das Tageslicht ins Innere leiten. Das Berliner Büro Staab Architekten, deren Wettbewerbsentwurf 2008 mit dem 1. Preis ausgezeichnet wurde, liess durch fliessende Übergänge zwischen Boden, Wand und Decke die Ausstellungsräume in gleichmässiges Licht tauchen. Auch das Energiekonzept des Hauses weist Besonderheiten auf. Heizung und Kühlung erfolgen regenerativ über Geothermie. Aus knapp 100 Metern Tiefe wird auf dem Kunstmuseum-Grundstück über Erdwärmesonden Energie gewonnen und über Wärmepumpen verteilt. Der Bau kostete 7 Mio. Euro, wovon 3,5 Mio. Euro der Bund übernahm.
Das Museum verfügt über 800 m2 Ausstellungsfläche. Vier Einraumhäuser dienen der Präsentation von Sonderausstellungen und der Sammlung. Das fünfte Haus nimmt im Erdgeschoss ein Kunstlichtkabinett auf, das von der Museumspädagogik genutzt wird. Das zentrale Foyer mit Kunstdesk wird von einem Flachdach überspannt und über eine Lichtkuppel zusätzlich aufgehellt. In einem Nebenraum wird die Geschichte der Künstlerkolonie in einem Filmportrait anschaulich präsentiert.

 

EuroArt – Netzwerk der Künstlerkolonien Europas
Ahrenshoop ist Gründungsmitglied von EuroART, des europäischen Netzwerks der Künstlerkolonien Europas, das 1993 kurz nach dem Fall der Mauer unter der Schirmherrschaft des Europäischen Parlaments in Brüssel etabliert wurde: Künstlerorte als Kristallisationspunkte des intellektuellen und kreativen Austauschs innerhalb Europas. Ob im dänischen Skagen oder in Ascona in der Schweiz, in Pont Aven in Frankreich und im polnischen Kazimierz oder in Ahrenshoop, überall war eine Hinwendung zur Ursprünglichkeit der wechselnden Landschaften, die Entdeckung unterschiedlichen Lichts unter einem freien, weiten Himmel zu beobachten. So reagierten europäische Maler auf Urbanisierung und Hektik in den Metropolen, auf Rationalisierung und Industrialisierung in der Arbeitswelt und die Entfremdung des Menschen von seiner Umwelt. Die Neubewertung der Natur zwischen Dünen, Wald, Feldern und Meer erwies sich als Respekt vor der Schöpfung und zugleich als Zivilisationskritik.

 

Zingst hat die Natur im Fokus – im Foto-Festival «horizonte»
Wir fahren an grossflächigen Erdbeer-Feldern vorbei zum Ostseebad Zingst, das sich seit Jahren der Fotografie widmet. Das Highlight ist seit 10 Jahren Deutschlands bedeutendstes Umweltfotofestival an der Ostsee, «horizonte zingst», das jeweils im Mai stattfindet. Die Open Air Konzertreihe «Naturklänge» findet von Juni bis September statt.
Auf der Seebrücke Zingst werden wir von Alexander Gentzel, dem Leiter der Tourismus-Information Zingst begrüsst. Die Ausstellung «One World» des Umweltfotofestivals «horizonte zingst» hat Tradition. Die Fotoschau versammelt jährlich Bilder bewusst gegensätzlich ausgewählter Motivbereiche, die kontrastierende Eindrücke vermitteln. Wichtigste Auswahlkriterien sind Originalität und Kreativität der Visualisierung.

 

Ein Blickfang ist auch die XXL-Sonnenbrille des Olympus Fotokunstpfades Zingst und das Erleben der Open Air Ausstellung «Der unbekannte Planet» des vielfach ausgezeichneten GEO-Reporters und Buchautors Larnis Abromeit und der Fotografen, mit denen er die entlegensten Ecken der Erde bereist hat (bis 16. Juli 2017).

 

Die Reise wurde unterstützt vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern.

 

Reisetipps:

Germania fliegt am Freitag und Sonntag direkt von Zürich nach Rostock www.germania.ch

 

Hotel Neptun
Seestrasse 19
18119 Rostock-Warnemünde
www.hotel-neptun.de

 

Räucherhaus
Hafenweg 6
18347 Ahrenshoop
raeucherhaus@t-online.de
www.raeucherhaus.net

 

Kunstmuseum Ahrenshoop
Weg zum Hohen Ufer 36
18347 Ostseebad Ahrenshoop
www.kunstmuseum-ahrenshoop.de

 

Kurhausrestaurant Zingst
Seestrasse 56/57
18374 Zingst
kurhausresraurant@zingst.de

 

Ostseehotel Dierhagen
Wiesenweg 1
18347 Ostseebad Dierhagen
www.ostseehotel-dierhagen.de

www.ostseebad-ahrenshoop.de

www.fischland-darss-zingst.de

www.auf-nach-mv.de

www.rostock-airport.com

NACH OBEN

Reportage


Buchtipp


Kolumnen/
Diverses