Die Natur im Morgenlicht (Abendlied) (Detail), 1938, Privatsammlung © 2013, ProLitteris, Zürich
Der Garten Frankreichs (Detail), 1962, Musée national d'art moderne, Centre Georges Pompidou, Paris, © 2013, ProLitteris, Zürich
«Grosse Retrospektive des Surrealisten Max Ernst»
Mit über 160 Gemälden, Collagen, Zeichnungen, Skulpturen und illustrierten Büchern präsentiert die grosse Retrospektive in der Fondation Beyeler anhand zahlreicher Hauptwerke alle Schaffensphasen, Entdeckungen und Techniken. Das mannigfaltige Werk des Jahrhundertkünstlers Max Ernst ist zum ersten Mal in der Schweiz seit 1976 in seinem gesamten Umfang zu erleben.
Max Ernst (1891–1976) gehört zu den vielseitigsten Künstlern der Moderne. Nach seinen Anfängen als revoltierender Dadaist in Köln zog der Künstler 1922 nach Paris, wo er bald zu einem Pionier des Surrealismus wurde. Zweimal wurde er während des Zweiten Weltkriegs als feindlicher Ausländer interniert und kam durch den Einsatz des mit ihm befreundeten Dichters Paul Eluard wieder frei. 1941 floh er ins amerikanische Exil, wo er neue Inspirationen fand und zugleich für die Generation junger amerikanischer Künstler neue Impulse schaffte. Ein Jahrzehnt später kehrte er in ein vom Krieg zerstörtes Europa zurück, in dem der einst geschätzte Max Ernst vergessen schien, bevor er als einer der facettenreichsten und faszinierendsten Künstler des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt wurde. Im Jahr 1958 wurde Max Ernst französischer Staatsbürger.
Als Erfinder neuartiger Figuren, Formen und Techniken wie die Frottage, Grattage, Dekalkomanie (Abklatschtechnik) und Oszillation hat sich Max Ernst ständig weiterorientiert. Dabei schuf er ein einzigartiges Oeuvre, das sich jeder klaren stilistischen Definition entzieht, auch geprägt durch das bewegte Leben und die wechselnden Aufenthaltsorte des Künstlers in Europa und Amerika.
Max Ernsts Kreativität im Umgang mit Bild- und Inspirationsquellen, die Brüche zwischen den zahlreichen Werkphasen und Sujets überraschen. Wie ein Revolutionär des Sehens setzte er Bilder neu zusammen, stellte als Surrealist neue Zusammenhänge zwischen den Bildern und dem Bewusstsein des Betrachtenden her. Was als Konstante bleibt, ist die Beständigkeit des Widerspruchs. Wie Max Ernsts Leben, so ist auch sein Werk «nicht harmonisch im Sinne der klassischen Komponisten», so der Künstler selbst. Als Meister der Metamorphose, war Ernst Suchender und Entdecker zugleich, der seine Fragen philosophisch erweiterte und sich dabei auch von Astronomie, Ethnologie, Ornithologie, Mathematik und Psychoanalyse inspirieren sowie sich von seiner Liebe zu Naturwissenschaften und dem kreativen Zufall leiten liess.
Starke Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, begleiteten seinen Weg als Mann und Künstler: die spätere Dalì-Muse Gala Eluard, Künstlerin Leonora Carrington, Mäzenin und Sammlerin Peggy Guggenheim und Malerin Dorothea Tanning.
Auch Jahrzehnte nach seinem Tod erscheint Max Ernsts Werk, im beständigen Versuch Traditionen zu überwinden, doch gleichzeitig auf sie Bezug zu nehmen, aktueller denn je. Die Ausstellung zeigt sein Schaffen, das durch Erinnerung und Erfahrung Unbewusstes und Verborgenes aus der Vergangenheit mit dem Erlebten des Gegenwärtigen und dem politischen Zeitgeschehen in Kontakt bringt, um daraus fantastisch-realistische Visionen in die Zukunft zu imaginieren. (I.I.)
Fondation Beyeler, Riehen b. Basel
Ausstellung 26. Mai – 8. September 2013
https://www.fondationbeyeler.ch