«Trix+Robert Haussmann – zwei Leben für die Gestaltung»
Von Fabrizio Brentini
Der gta-Verlag präsentiert einen umfassenden Werkkatalog über die Zürcher Gestalter Trix und Robert Haussmann, deren bekannteste Realisation der S-Bahnhof unter der Haupthalle des SBB-Bahnhofes in Zürich ist.
Ihre Wege kreuzten sich relativ spät, so wie es die Anekdoten erzählen, im Vorfeld der EXPO 64. Bis dahin hatte sich der 1931 geborene Robert Haussmann bereits einen Namen als Möbelentwerfer und Innenraumgestalter gemacht. Sein Weg dorthin verlief von der Kunstgewerbeschule über einen Aufenthalt in Amsterdam, ein Praktikum in der Holzwirtschaft in Schweden, Vorlesungsbesuche von Siegfried Giedion an der ETH bis zum Einstieg ins väterliche Geschäft, das sich auf Tapeten spezialisiert hatte. Das war 1955. Er hatte schon mit eigenen Entwürfen experimentiert, als er mit seinem Bruder beschloss, aus dem Betrieb ein Atelier für Innenarchitektur und Design zu schmieden. Fortan erhielt das Unternehmen «Haussmann&Haussmann» wichtige Aufträge, worunter die komplette Inneneinrichtung eines Saales im UNESCO-Hauptgebäude in Paris (1957/58) der bedeutendste war.
Zu dieser Zeit war die 1933 in eine Architektendynastie hineingeborene Beatrix Högl noch mit ihrem Architekturstudium und mit der Betreuung ihrer zwei Kinder beschäftigt. Als Frau gehörte sie in der Architektengilde noch zu einer Minderheit, auch wenn die u.a. von Architektinnen organisierte «Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit» SAFFA im Jahre 1958 national auf das kreative Potential der Frauen aufmerksam machen konnte. Inzwischen von ihrem ersten Mann getrennt, lernte sie Robert Haussmann kennen, mit dem sie nach der Heirat im Jahre 1967 nicht nur eine Lebens-, sondern auch eine Arbeitsgemeinschaft bildete, die beide in entsprechenden Zeitschriften gerne zelebrierten. Das 1970 erworbene Haus im Zürcher Seefeld diente von nun an als Wohn- und Arbeitsort; eine Trennung zwischen Berufs- und Familienleben war gar nicht erwünscht. Das zeichnete das Paar aus und machte es innerhalb der Architekturszene besonders. Speziell war auch der Umstand, dass man ihre Arbeiten kaum auf einen Nenner bringen konnte. Während viele Architekten irgendwann einmal auch Möbel zeichnen, wurden bei Trix+Robert Haussmann keine Unterschiede zwischen Möbelentwurf, Innenraumgestaltung, Produktedesign, Ladeneinrichtungen und Architektur im eigentlichen Sinne gemacht. Diese Offenheit führte dazu, dass sie ihr Atelier 1981 mit dem leicht schrägen Label «Allgemeine Entwurfsanstalt» versahen.
Die nun vorliegende Monografie ist kein Coffee Table Book, sie ist vielmehr eine Summa, die nicht auf die Schnelle konsumiert werden kann. Nach einer von Bruno Maurer und Sabine Sträuli erarbeiteten biografischen Skizze beginnt schon auf Seite 37 der Werkkatalog, der sich über die restlichen 340 Seiten hinzieht. Akribisch werden sämtliche Projekte, von 222_001 bis 222_248, die Zählweise von Robert+Trix Haussmann, mit Kommentar, Aufnahmen und technischen Details ausgelegt. Unterbrochen wird der Katalog durch ganzseitige Abbildungen und durch Aufsätze zu den unterschiedlichen Eigenschaften des Gesamtwerkes. Arthur Rüegg, der Mitherausgeber, deckt bei den frühen Möbelentwürfen von Robert Haussmann die Nähe zu den Protagonisten der Moderne auf, aber auch die Art und Weise, wie Haussmann die Vorbilder neu interpretiert. Die Kehrtwende von den kubischen Grundformen hin zu verspielten und ironischen Objekten geschieht, wie Renate Menzi in ihrer Studie aufzeigt, in der vom Schweizerischen Werkbund 1967 durchgeführten Aktion «Chair Fun», zu der auch Trix+Robert Haussmann eingeladen wurden. Präsentiert wurden geradezu Antithesen zum traditionellen Stuhl, und dies explizit als Kritik an die Protagonisten der Etikette «Die Gute Form», die ein Jahr später letztmals vergeben wurde. Im Nachhinein kann man hier die Spuren einer internationalen Bewegung entdecken, die später den Namen «Postmoderne» erhielt. Erste Erfolge hatten Trix+Robert Haussmann denn auch ihn Italien, wo die verspielten Objekte von Alberto Alessi, Aldo Rossi und Alessandro Mendini – dieser schrieb eine Hommage an die Zürcher, die im Buch unmittelbar nach dem Inhaltsverzeichnis zu lesen ist – die Welt des Design zu erobern begannen. Von nun an experimentierten die Haussmanns mit unterschiedlichen Werkstoffen, die sie auf stets verblüffende Weise kombinierten. Beliebt wurde – dies im Aufsatz von Marie Theres Stauffer nachzulesen – der Spiegel, der nicht nur in Wandobjekte eingesetzt, sondern auch als Wandcamouflage verwendet wurde. Fasziniert waren Trix+Robert Haussmann auch von Textilien, die entweder als solche in Innenraumgestaltungen integriert wurden oder aber beispielsweise mit Hilfe von Folien aus Holzintarsien oder Glas Objekte und Räume verfremdeten. Es war nur noch ein kleiner Schritt bis zum Spiel mit der Technik der Anamorphose, die Bilder und Objekte nur von einem bestimmten Standpunkt korrekt wiedergibt.
Das Gesamtwerk von Trix+Robert Haussmann hat wenig mit der Nüchternheit zu tun, die Schweizer Architekten, Designer und Typografen auszeichnet, und trotzdem ist es genauso in die Kunstgeschichte verankert wie jede andere ernstzunehmende Richtung. Es ist der europäische Manierismus, an dem sich die Haussmanns orientierten. Wie reflektiert das Vokabular vieler der bizarren Objekte gesucht und angewendet wird, manifestiert ein als Lehrstück IV betitelter Schrank von 1979, wo die Entwerfer Bezüge zur Intarsientechnik des 16. Jahrhundert, zu Motiven byzantinischer Mosaiken, zu den Trompe-l’oeil-Bildern und zu Bildfindungen von René Magritte herstellen. Man hätte erwarten können, dass die Haussmanns das Projekt Monografie auf eine ähnlich ironische Weise angehen wie ihre übrigen Arbeiten. Doch glücklicherweise
entschied man sich für ein ausgesprochen diszipliniertes Layout. Der Einband besteht aus einem graubraunen Leinenbezug, in den einzig das kleine quadratische Ex-Libris von Robert+Trix Haussmann in Rot, das zugleich als Logo des Ateliers diente, geprägt ist. Und zuletzt noch dies: Stanislaus von Moos griff den von der Denkmalpflege verworfenen Vorschlag für einen auffallend schrägen Einschnitt im Boden der SBB-Haupthalle Zürich auf, um den Umgang mit historischer Bausubstanz zu reflektieren. Trix+Robert Haussmann mussten sich anpassen und eine recht blutarme Alternative anbieten. Wie steht es aber mit ihren Realisationen? Bei den Detailinformationen zu den einzelnen Werken ist vielfach vermerkt, dass dies oder jenes nicht mehr erhalten ist. Der Einfluss der Denkmalpflege reicht somit nicht bis in ihre Zeit, und so sind Informationen über etliche Gestaltungen nur noch in dieser Monografie zu finden.
Gabriela Güntert/Bruno Maurer/Arthur Rüegg
TRIX+ROBERT HAUSSMANN
Kultur und Formgebung
380 S., gta Verlag Zürich 2017
130 CHF/€
ISBN 978-3-85676-360-2
«All About Space. Volume 2»
A sparkling intellectual experiment about creating space: volume 2 of the four-part series from ALICE at EPFL’s School of Architecture.
The Atelier de la Conception de l’Espace (ALICE), affiliated with the School of Architecture at the Ecole Polytechnique Federale de Lausanne, is an educational facility focusing on preparing students for the practice of architecture. To cultivate the ability to create or shape space, students must be confronted with an educational framework that prepares them for the field’s many practical challenges, from cultural, social, environmental, and physical concerns to working with the wide range of collaborators who must bring their creativity and expertise together in the design process.
The second volume in a four-part series on ALICE, House 1 Catalogue focuses on a prototype, House 1, developed and constructed throughout the academic year. This mobile structure incorporates ALICE’s core values of communication and collaboration in building processes, and it will travel as part of an exhibition to several major cities, where it will be continually modified and reconfigured. With again hundreds illustrations, this book continues the experimental narrative Dieter Dietz, Matthias Michel, and Daniel Zamarbide began in The Invention of Space, which will be further developed in the forthcoming third and fourth volumes in the series.
Edited by Dieter Dietz, Matthias Michel, Daniel Zamarbide. With texts by Diana Alvarez-Marin, Dieter Dietz, Matthias Michel, and Daniel Zamarbide. Photographs by Dylan Perrenoud.
All about Space
Park Books, 2017
Text in English
Paperback
456 pages, 772 b/w illustrations
16.5 x 24 cm
CHF 39.00 | € 38.00
ISBN 978-3-03860-038-1
In cooperation with Atelier de la Conception de l’Espace ALICE
Further volumes:
The Invention of Space
AUTOREN & HERAUSGEBER
DIANA ALVAREZ-MARIN
DIETER DIETZ is an architect and associate professor at the École Polytechnique Fédérale de Lausanne’s School of Architecture, where he directs ALICE.
MATTHIAS MICHEL is a writer, communications designer, and a lecturer at Zurich University of Applied Sciences ZHAW.
DANIEL ZAMARBIDE is an architect and co-founder of Geneva-based architectural firm Bureau A.