FRONTPAGE

«Im Museum Haus Konstruktiv zu entdecken: Helen Mirra / Rolf Schroeter»

Von Ingrid Isermann

Neu- und Wiederentdeckungen stehen im Ausstellungsjahr 2012 im Museum Haus Konstruktiv auf dem Programm. Gezeigt werden Objekte und Installationen, Video-Arbeiten, Skulpturen, Gemälde, Möbel und Gebrauchs- design, ausserdem Filme und Zeichnungen:
ganz konkret! Helen Mirra und Rolf Schroeter
eröffnen die Ausstellungen.

 

Helen Mirra «gehend (Field Recordings 1-3)»

Neues erforschen und Bewährtes neu sehen, das hat sich das Museum Haus Konstruktiv für 2012 vorgenommen. Und startet sein Jahresprogramm mit einer Einzelausstellung der US-amerikanischen Konzeptkünstlerin Helen Mirra (*1970 in Rochester/NY), die in Cambridge/MA, lebt und arbeitet.
Mirra unternimmt seit Jahren sorgfältig geplante Wanderungen in verschiedenen Ländern und Erdteilen. In ihren «Gehprojekten» beschäftigt sich die Künstlerin mit dem Verhältnis zwischen Mensch und Natur.
Auf diesen Wanderungen enstand ihre neueste Werkgruppe der «Field Recordings 1-3». Ihre Feldforschung ist sozusagen eine künstlerische Vermessung der Natur, die kalligraphisch-meditativ anmutenden Werke entfalten ihre eigene poetische Ausstrahlung.
Gehen wird bei Helen Mirra zu einer spezifischen Form des Denkens jenseits der Sprache.
Das gefundene Material, ob Baumstumpf, Pflasterstein oder Farnblatt, bepinselte Mirra mit Tinte und fertigte an Ort und Stelle auf rechteckig zugeschnittenen Leinenstoffen einen Abdruck an oder erstellte eine Frottage.
Die Ausstellung entstand aus einer Zusammenarbeit zwischen drei Institutionen, dem Museum Haus Konstruktiv, dem Bonner Kunstverein und dem KW Institute for Contemporary Art – Kunst-Werke Berlin. Eine gemeinsame Publikation ist im Distanz Verlag Berlin erschienen.

 

 

Ausstellungseröffnung 22. Februar 2012, 18 Uhr,
23. Februar bis 6. Mai 2012. www.hauskonstruktiv.ch

 

 

Rolf Schroeter «Nah dran»

Anlässlich des 80. Geburtstages von Rolf Schroeter (*1932 in Zürich) würdigt das Museum Haus Konstruktiv das weitgehend noch unbekannte Werk des Schweizer Künstlers und Fotografen in einer retrospektiven Einzelausstellung.
Schroeter studierte an der Ulmer Hochschule für Gestaltung visuelle Kommunikation, begann seine künstlerische Laufbahn mit experimenteller Fotografie und gilt in diesem Bereich als Geheimtipp: Passion, Perfektion, Präzision sind Begriffe, die Schroeters künstlerisches Schaffen auszeichnen.

Seit Mitte der 1950-er Jahre entwickelte er ein Gesamtwerk, das neben frühen, von Moholy-Nagy und Man Ray inspirierten Fotogrammen, vor allem Fotografien, Mappenwerke und Künstlerbücher umfasst.
Nach seinem Studium in Ulm war Schroeter 1957/58 für den Zürcher Konkreten Max Bill und den Grafikdesigner Josef Müller-Brockmann tätig.
Kurze Zeit später gründete er sein eigenes Atelier für Fotografie und visuelle Kommunikation, das er bis vor wenigen Jahren in Zürich führte.
Die Gratwanderung zwischen angewandter und bildender Kunst durchdringt Schroeters Werk, in beiden Bereichen ist sein spielerischer Umgang mit dem Faktor Licht ausschlaggebend, sodass er Anfang der 1960-er Jahre auf die Düsseldorfer Künstlergruppe ‚Zero’ traf und Lichtexperimente festhielt.
Seine prozesshaften Impressionen wie die ‚Wahrnehmung einer Brücke’ zeigen sein Potential an experimenteller Fotografie, das auch in zahlreichen Kooperationen mit Künstlerkollegen wie Günter Uecker (Gruppe ‚Zero’), Eugen Gomringer, Heinz Mack und Richard Jackson zum Ausdruck kommt.

 

 

Ausstellungseröffnung 22. Februar 2012, 18 Uhr
23. Februar bis 6. Mai 2012. www.hauskonstruktiv.ch

 

 

Interview mit Dorothea Strauss, Direktorin Museum Haus Konstruktiv:

«Ein Generationen und Medien übergreifender Dialog»

 

 

Frau Strauss, welche Museums- und Ausstellungskonzepte hat das Museum Haus Konstruktiv, um sich im Zeitalter der Neuen Medien zu behaupten?
Die Ausstellungsprogramme integrieren neben den klassischen Medien wie Malerei, Zeichnung und Plastik immer wieder auch Videokunst, computeranimierte Installationen, Digitalfotografie. Im Museum Haus Konstruktiv lernt das Publikum einen sowohl Generationen wie auch Medien übergreifenden Dialog kennen.

 

Verfolgt das Museum Haus Konstruktiv eine Erlebnis- und Eventkultur?
Das Museum Haus Konstruktiv nimmt jedes Jahr an der langen Nacht der Museen teil, pflegt eine äusserst aufgeschlossene Stimmung bei den Eröffnungen, realisiert Begleitveranstaltungen, entwickelt interdisziplinäre Vermittlungsformate für Kinder, Jugendlich und Erwachsene und bietet z.B. in der Kunstvermittlung die Verbindung zwischen Sport (Qi-Dong) und Kunstvermittlung an. 2011 war das Museum Gastinstitution aus der LISTE Yong Art faire Basel.

 

Was unternimmt das Museum Haus Konstruktiv zur Konsumierbarkeit der Ausstellungen?
Unregelmässig regelmässig je nach Finanzlage erscheinen Ausstellungspublikationen; in den Ausstellungen selbst gibt es Texte direkt auf den Wänden, ausserdem eine ausführliche Wegleitung in Deutsch und Englisch. Zudem zahlreiche Führungen und nach Möglichkeit Audio Guide.

 

Was macht das Museum Haus Konstruktiv für den Video-Bereich?
Wir zeigen jedes Jahr Künstlerinnen und Künstler mit Videoarbeiten (z.B. Erik Steinbrecher, Magdalena Fernandez, Philippe Decrauzat, Takehito Koganezawa).

 

Werden hier auch junge KünstlerInnen angefragt und behält man ihre Entwicklung im Auge?
Wir haben einen Preis, den Zurich Art Prize, für junge KünstlerInnen bis 35 ins Leben gerufen, zeigen regelmässig auch sehr junge KünstlerInnen (z.B. Jan De Cock, Tobias Madison, Natalia Stachon) und verfolgen dabei auch ihre Entwicklung.

 

Was geschieht im Bereich Installationen? Wieviel Prozent der Ausstellungen hat das HK für Installationen realisiert oder vorgesehen?
Etwa 50 Prozent der Ausstellungen basieren auf Installationen.

 

Welches waren die erfolgreichsten Ausstellungen 2010-2011? Welche Ausstellung hat Ihnen persönlich am besten gefallen?
Erfolg misst sich an unterschiedlichen Massstäben; die best besuchteste Ausstellung 2010/2011 war «ganz konkret» Teil 1 und Teil 2; gleich gefolgt von der Ausstellung «The Ella Cisneros Collection – Latin American Art».
Auch die Ausstellung „Die phantastischen Vier – Zürich konkret“ kam bei der Presse und beim breiten Publikum sehr gut an. Mir persönlich haben alle Ausstellungen sehr gut gefallen.

 

Welches die weniger erfolgreichen Ausstellungen mit Besucherzahlen?
Die Ausstellung von Joseph Kosuth war nicht so gut besucht, jedoch hervorragend besprochen und genoss starke Aufmerksamkeit in der Fachwelt.

 

Welche Projekte, Träume, Visionen hat das Museum Haus Konstruktiv? Was sind Ihre Vorstellungen als Direktorin für die Zukunft? Arbeiten Sie auch mit anderen Schweizer Museen diesbezüglich zusammen, Konzepte gemeinsam zu entwickeln? Welche Museen in Europa oder USA sind für das Museum Haus Konstruktiv bezüglich neuer Medien ein Ansprechpartner oder haben eine Art Vorbildcharakter?

Wir kooperieren regelmässig mit Institutionen im Ausland und möchten dies noch ausbauen. 2011 war das Museum Gastinstitution aus der LISTE Young Art Faire Basel. Was die neuen Medien und Museen im Ausland betrifft: Wir arbeiten mit Museen zusammen (z.B. Museum of Fine Arts Houston, Museum Abteiberg Mönchen Gladbach, Kunstverein Bonn, KW Berlin, Cisneros Foundation Miami), die wie wir einen Medien übergreifenden Dialog pflegen; zu diesem zählen selbstverständlich auch die neuen Medien.

Ausserdem: Wir wollen einen Relaunch unserer Homepage machen / den Bereich Social media ausbauen / unsere wissenschaftliche Abteilung ausbauen / die internationale Pressearbeit stärken / die Kunstvermittlung (die bereits gut ausgebaut ist) noch stärker in Zürich und der Schweiz verankern / mit gezielten, attraktiven und kreativen Marketingaktionen noch mehr Publikum in das Museum Haus Konstruktiv bringen.

 

Interview: Ingrid Isermann

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