FRONTPAGE

«Maria Callas: Diva und Ikone. Gesichter eines Mediums»

Von Ingrid Isermann

Hommage à Maria Callas: Zum 100. Geburtstag präsentiert Schirmer/Mosel einen wunderbaren Fotoband zur legendären Sopranistin Maria Callas mit Essays von Attila Csampai und Ingeborg Bachmann.

Portraits, Filmstills, Pressebilder und private Aufnahmen versammelt diese Künstlerbiographie als Kultbuch, das sich einem einzigartigen Phänomen der Opern- und Zeitgeschichte widmet. Photographien aus aller Welt von Cecil Beaton bis Mario Tursi zeigen den Mythos der Künstlerin Maria Callas (1923-1977), der Faszination ihrer Persönlichkeit, die bereits zu Lebzeiten kultische Dimension annahm und bis heute ihre Präsenz bewahrte.
 
Ein dramatischer leidenschaftlicher Sopran, wie es ihn nie zuvor gegeben hatte, 43 Partien umfasste ihr Repertoire über drei Oktaven hinweg. Ob Tosca oder Aida, ob Medea oder Lady Macbeth, ob an der Mailänder Scala oder an der New Yorker Met, die Callas feierte Triumphe!

 

Primadonna assoluta!

«Teufel und Engel», lebten in ihr, schrieb Ingeborg Bachmann in ihrer Würdigung: «Alles an dieser Callas war gross. Gross war ihr Hass, ihre Liebe, ihre Zartheit, ihre Brutalität. Gross war jede Bewegung, jede Geste».
 
«La Divana» auf der Bühne, eine Heldin im wirklichen Leben. 1956 hatte sie sich Thyroid-Extrakt in die Schilddrüse spritzen lassen und 30 Kilo abgenommen. So war aus ihr eine Stil-Ikone geworden, die Couture, Tailleurs und Abendkleider mit Drapees, Schleppen und Capes trug, lange Etuikleider, Pelzmäntel, Seide und Brokat, skulpturale Roben von Dior und Balaciaga, schwarz und weiss und rot. Dazu Haute Joaillerie von Van Cleef&Arpels, Cartier, Bulgari. Byzantinische Colliers, die sie auch auf der Bühne trug, ein Diamantenfeuerwerk. Die Haare zu einem Chignon getragen, geschminkt mit kohlschwarzem Lidstrich und blutrotem Lippenstift.
 

Die Callas hatte der vom Krieg verwirrten, seelisch verkümmerten Menschheit «mehr Musik, mehr Kunst, mehr Humanität und Seelenwärme geschenkt als irgendein anderes Wesen in diesem Jahrhundert», schreibt der Kunsthistoriker Attila Csampai in seinem Essay «Augenblicke der Ewigkeit».

Yves St. Laurent schwärmte: «Es ist die Königin von Saba, die an uns vorbeizieht! Es ist die Kaiserin von China und die Zarin aller Russen! Es ist die Königin von Spanien! Es ist Cleopatra! Es ist Aida. Es sind alle Königinnen und Kaiserinnen auf einmal! Wer hätte dieser Stimme widerstreben können!»
 
Nach sieben gemeinsamen Jahren mit Maria Callas heiratete der griechische Reeder und Milliardär Aristoteles Onassis 1968 Jackie Kennedy, die Witwe John F. Kennedys. Im Jahr darauf spielte die Callas in Pasolinis Film die Titelrolle «Medea», ohne einen Ton zu singen. Ihren letzten Konzerttourneen mit Giuseppe Di Stefano 1973/74 war kein Erfolg mehr beschieden. Die Callas starb am 16. September 1977 einsam in Paris an Herzversagen.  

 
Das Buch ist eine wunderbare Studie über ein unvergleichliches musikalisches Genie mit allen Schattierungen eines bewegten Lebens im Lichte der Öffentlichkeit.

 

 

Callas – Gesichter eines Mediums

Mit einem Essay von Attila Csampai

und einer Würdigung von Ingeborg Bachmann

Sonderausgabe, Schirmer/Mosel, 2023

Geb., 284 S., 165 Duotone-Tafeln, 4 Farbtafeln

CHF 41.40. € 36. € 37.10 (Ö)

«La Divina – Maria Callas in all her Roles»

 131 CD und 4 DVD.

 

 

 

«Isolde Ohlbaum/Michael Krüger: Männer, die Rosen schneiden

und andere Literaturgeschichten zu Fotografien»

 

Die Fotografin Isolde Ohlbaum und der Autor Michael Krüger, Lektor der Belletristik und Verleger des Hanser Verlags, München, begegneten sich in den 1970-er Jahren. 

 

Isolde Ohlbaum, eine der renommiertesten Fotografinnen, dokumentierte fast ein halbes Jahrhundert lang die Autor:innen des Hanser-Verlagsprogramms: Porträts, Fotos von literarischen Veranstaltungen und Preisverleihungen, einschliesslich die des Petrarca- und des Hermann-Lenz-Preises.

 

Wo die Literatur ihr Gesicht erhält
Der Bildband versammelt 140 Aufnahmen von Isolde Ohlbaum aus den Jahren 1975 bis 2019. Zu den von Ohlbaum fotografierten Persönlichkeiten hat Michael Krüger literarische Miniaturen geschrieben, die das Buch auch zu einer kleinen Literaturgeschichte machen mit persönlichen Reminiszenzen und vergnüglichen Erinnerungen. 

Der reichhaltige Band erscheint zum 80-jährigen Geburtstag von Michael Krüger am 9. Dezember 2023.

 

Literarische Notizen

PETER HANDKE. Dieser Freund und seine Bücher, seine Welterzählung, gehören so unmittelbar zu meinem Leben, dass ich mich hüte, sie hier in drei Zeilen zu kommentieren: die Stücke, die erzählenden Bücher, seine Übersetzungen, die Filme, die Begegnungen – das grosse Ganze. Lang soll er leben.

 

MARTIN MEYER. Die Schweiz hat eine erstaunlich grosse Anzahl von hervorragenden Essayisten unter den Literaturkritikern hervorgebracht, von Fritz Ernst und Max Rychner, Werner Weber und Denis de Rougemont, Hanno Helbling, Peter von Matt bis zu Felix Philip Ingold, Ralph Dutli und Roman Bucheli und vielen anderen, und dazu noch die Essays von Frisch, Dürrenmatt, Muschg, Bichsel, Loetscher, Widmer und Dean, um nur ein paar wenige zu nennen – wir haben es mit einem zivilisierten Vok zu tun, das gerne über sich und die Welt und die Kunst nachdenkt. Oder etwa nicht?
Ein ganz besonderer Nachdenker ist Martin Meyer, der lange Jahre das Feuilleton der NZZ leitete und «nebenher» dicke, kluge Bücher über Nietzsche und Jünger (Ernst) und Camus schrieb, der viele disparate Denker von links bis rechts gelesen hat und trotzdem den Überblick behielt, wie seine in zahlreichen Bänden versammelten Essays bezeugen. Aber nicht nur das: Er ist auch ein grosser Kenner der Musik und hat ein kluges Gesprächsbuch mit Alfred Brendel herausgegeben; (fast) alle diese Bücher durfte ich verlegen. (Auszug)

 

 

 

Isolde Ohlbaum, geb. in Moosburg an der Isar und aufgewachsen in München, besuchte von 1970-72 die Bayerische Staatslehranstalt für Photographie. Nach anfänglichen Arbeiten im Fotojournalismus wechselte sie zum Porträt, speziell zum Literatenporträt. Sie ist freiberuflich für Verlage, Zeitungen und Zeitschriften tätig und hat zahlreiche Fotobände veröffentlicht. Zuletzt «Der Mensch möchte Fisch sein und Vogel. Haus Tier Mensch. Photographien» (2011).

 

Michael Krüger, geb. 1943 in Wittgendorf/Sachsen-Anhalt. Schriftsteller, Dichter, Übersetzer, Lektor und Verleger. Nach der Ausbildung in einer Verlagsbuchhandlung Buchhändler in London, später Lektor, literarischer Leiter und 1995-2013 Geschäftsführer des Hanser Verlags in München. Er publiziert seit 1984 Prosa, Romane und Gedichte. 2022 erschien bei Schirmer/Mosel «Michael Krüger über Gemälde von Giovanni Segantini».

 

Bildlegenden
Cover: Der Schriftsteller Gregor von Rezzori an der Hauswand seiner toskanischen Villa Santa Maddalena beim Rosenschneiden, vorn Michael Krüger.

 

Isolde Ohlbaum/Michael Krüger
Männer, die Rosen schneiden
und andere Literaturgeschichten zu Fotografien
Schirmer/Mosel, 2023
Geb., 255 S., CHF 49.90. € 39.80.
ISBN 978-3-8296-0984-5

 

«Heinz Bachmann: Ingeborg Bachmann, meine Schwester»

Zum 50. Todestag von Ingeborg Bachmann am 17. Oktober 2023
 
Heinz Bachmann, der 13 Jahre jüngere Bruder, blieb seiner Schwester Ingeborg ihr Leben lang verbunden und kannte sie wie sonst niemand, auch als sie längst zur berühmten Dichterin avanciert war.
 
Heinz Bachmann legt einen sehr persönlichen Band vor, in dem er aus dem gemeinsamen Leben erzählt, von Wien und Paris bis nach Zürich und Rom. Ingeborgs tragischer Unfalltod und die Trauer, die die ganze Familie erfasste, kommen ebenso zur Sprache wie ihre Dichterfreunde und ihr Schreiben. Sie liebte ihren Bruder und wollte ihm die Welt zeigen, nachdem sie früh aus Klagenfurt fortgegangen war.
 
«Sie war ein Wirbel, der nie aufhörte»
Schwarz-weiss-Fotos zeigen Ingeborg Bachmann als junges Mädchen am Klavier, rasant auf den Skiern und zupackend beim Wäschewaschen. Heinz Bachmann zeichnet die berühmte Dichterin auch als heiteren Familienmenschen, erzählt Anekdoten und erwähnt familiäre Einflüsse auf ihr Werk.
 
Und er erinnert sich an die letzten Tage Ingeborg Bachmanns im Krankenhaus in Rom, wo sie am 17. Oktober 1973 nach einem Brandunfall starb: «Es muss der 2. Oktober gewesen sein, als ich endlich in Rom landete, ich fuhr mit einem Taxi in die Via Guilia und traf mich dort gegen Abend in Ingeborgs Wohnung mit meiner Schwester Isolde, die ebenso verstört war wie ich». Die frühere Haushälterin Maria Teofili hatte am frühen Morgen des 27. September 1973 nach einem Anruf umgehend den Transport in die Klinik Sant’Eugenio in einem Aussenbezirk Roms veranlasst, wo Ingeborg auf der Isolierstation für Brandunfälle behandelt wurde.
 
Heinz Bachmann schreibt in seinen berührenden Erinnerungen, dass das Leben der Familie bis heute von ihr und ihrem Schreiben stark beeinflusst sei. Ihr Werk bewirke, dass Ingeborg in ihrer Familie gegenwärtig sei und durch Übersetzungen, Kompositionen und Fragen aus vielen Ländern immer von Neuem an sie erinnert werde: «Fünfzig Jahre sind seit diesem Verlust vergangen, aber Ingeborg ist jeden Tag bei uns».

 

Heinz Bachmann, geboren 10. Juni 1939, Kindheit und Jugend verbrachte er in Klagenfurt und Obervellach bei Hermagor. Er studierte Geologie in Graz, spezialisierte sich auf Geophysik und arbeitete weltweit vorwiegend in Afrika, dem Mittleren Osten und Europa. Heirat mit Sheila in London 1971. Nach dem Tod seiner Schwester Ingeborg 1973 war er mit seiner Schwester Isolde für ihren Nachlass verantwortlich. Viele Jahre verbrachte er mit seiner Familie in Spanien. Nach dem Ende der beruflichen Laufbahn 2006 widmete er sich intensiver dem Werk seiner Schwester Ingeborg mit Buchvorstellungen und Vorträgen in Deutschland, Österreich, und vereinzelt auch in den USA, London und Paris. Seit 1995 ist er in der Nähe von Oxford wohnhaft.

 
 

Heinz Bachmann
Ingeborg Bachmann, meine Schwester
Erinnerungen und Bilder
Piper Verlag, 2023
Hardcover mit Schutzumschlag
Mit 40 Fotos aus dem Privatarchiv
128 S.,,CHF 34.90. € 24,00 [D], € 24,70 [A]
ISBN 978-3-492-07250-2

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