«Monografie EM2N Stadtfabrik Transformationsprozesse»
Wie entwickeln sich unsere Städte, welche Kräfte wirken in ihnen und wie verändern sie sich? Das Zürcher Architekturbüro EM2N arbeitet seit über 20 Jahren an städtischen Transformationsprozessen im Grossraum Zürich, seit einigen Jahren auch in Berlin, Brüssel und Hamburg.
Plädoyer für eine Stadt des toleranten Nebeneinanders
Nun liegt ihre grossformatige, ausführliche und spannende Monografie vor, beispielsweise mit den Bauten Zellweger Luwa Areal, Bäckeranlage «Bäcki», Hochschule Luzern, Toni Areal, Learning Center HSG oder Sportzentrum Oerlikon.
Über die Zeit ist ein vielfältiges Werk entstanden und gewachsen, das zahlreiche gelungene und einige gescheiterte Projekte, kleine Bauten und grosse Komplexe, schnelle Entscheidungen und langsame Prozesse aufweist.
Gemeinsam ist den unter dem Titel «Stadtfabrik» versammelten Bauten, Projekten und Texten das auch nach zwei Jahrzehnten ungebrochene Interesse am Prinzip der Stadt als aufregender, widersprüchlicher und vor allem produktiver Ort.
Mathias Müller und Daniel Niggli blicken in dem Buch selbstkritisch zurück auf ihr Werk, ergänzt um Essays von Berufskollegen und Freunden. Sie beschreiben darüber hinaus Lernprozesse, persönliche Interessen und konzeptionelle Ansätze für zukünftige Aufgaben in den sich stetig verändernden Städten.
Schönheit des Chaos
Über die «Schönheit des Chaos – Plädoyer für eine Stadt des toleranten Nebeneinanders» schreiben Mathias Müller und Daniel Niggli, dass die starke Zürcher Fokussierung der letzten Jahrzehnte auf den Wohnungsbau kein Weiterbauen an der dichten, hybriden Stadt war, sondern den Charakter von Siedlungsbau annahm.
Bei aller Qualität, stellen die Architekten fest, zementierte die Fokussierung auf immer ausgefeiltere Grundrisstypologien paradoxerweise auch die Monofunktionalität der Wohnnutzung. Dadurch wird eine funktionale Verarmung von potentiell gemischten Quartieren festgeschrieben, die sich nur schwer wieder rückgängig machen lässt. In der «alten» wie in der «neuen» Stadt gewinnt also gegenüber der Planung das architektonische Projekt wieder eine zentralere Rolle.
Wie Marcel Meili («Toni Areal: Cum grano salis I») formulierte, verdichten sich darin Wahrnehmung, Analyse und Entwurf und geben den unsichtbaren Strukturelementen eine Form.
Über den «Architekten als «politischen Einflüsterer (Bühne frei für den Raumproduzenten») sinniert Architekt Peter Swinnen. Marc Angélil reflektiert über «Entleerte Typologien. Gerüste für die Entstehung von Anderem».
Der Stadtdiskurs ist hiermit eröffnet und bietet mannigfaltige Anregungen für eine Kultur einer lebendigen Stadt. Die grossformatigen Aufnahmen gewähren einen aufregenden Einblick in das umfangreiche Werk, das von begeisternder Entdeckerlust und -freude geprägt ist.
EM2N Stadtfabrik
Herausgegeben von Mathias Müller, Daniel Niggli,
Caspar Schärer, Medine Altiok
Deutsche Ausgabe
Park Books, Zürich 2023
Broschiert, 502 Seiten, 651 farbige und 288 s/w-Abb.
21.5 x 31.5 cm. CHF 69.
ISBN 978-3-03860-085-5
«Bürohaus Küng Alpnach -Konstruktion und Sinnlichkeit
Das in Vollholz-Bauweise ohne Verwendung von Leim und Metall errichtete Bürohaus Küng in Alpnach ist ein Vorzeigeobjekt des nachhaltigen Holzbaus.
Die Firma Küng Holzbau AG im schweizerischen Alpnach hat sich auf nachhaltigen Holzbau spezialisiert, insbesondere auf Vollholzhäuser, die ohne die Verwendung von Leim und Metall auskommen.
Die ökologische Philosophie des Inhabers Stephan Küng hat sich in der Schweizer Architekturszene etabliert, und zahlreiche renommierte Architekturbüros verlassen sich auf die Holzbaukompetenz seiner Zimmerei. So hat Küng Holzbau beispielsweise jüngst den Zuschlag für die Fassade des von Peter Zumthor entworfenen Museumsneubaus der Fondation Beyeler in Riehen bei Basel erhalten.
Für seine Werkhallen, sein Privathaus und auch das Bürogebäude der Zimmerei setzt Stephan Küng zudem bewusst auf qualitativ gute Architektur, um auch andere renommierte Bauträgerschaften für seine Bauweise zu begeistern.
Bereits für mehrere solche Projekte haben Seiler Linhart Architekten mit Küng Holzbau zusammengearbeitet. Besonders ihr 2020 fertiggestellter Büroneubau für das Unternehmen selbst in Alpnach ist ein weitherum respektiertes Vorzeigeobjekt für die Möglichkeiten geworden, wie in nachhaltiger Bauweise mit Holz konstruiert und gebaut werden kann.
Der von der Fachpresse und von anderen Architektinnen und Architekten vielfach gelobte Referenzbau wird nun in diesem Buch umfassend vorgestellt und trägt so die Visionen von Patrik Seiler und Søren Linhart sowie von Küng Holzbau in die Welt hinaus.
Konstruktion und Sinnlichkeit
Herausgegeben von Stephan Küng,
Søren Linhart, Patrik Seiler
Park Books, Zürich 2023
Geb., 96 S., 35 farbige und 16 s/w-Abb.
21 x 31.5 cm , CHF 49.
ISBN 978-3-03860-354-2
«Philipp Oswalt: Bauen am nationalen Haus. Architektur als Identitätspolitik»
Der Wiederaufbau historischer Symbolbauten wie dem Berliner Schloss oder der Garnisonskirche in Potsdam gilt als Engagement für historisches Bewusstsein, architektonische Schönheit und Reparatur von Stadtraum.
Doch die vermeintlich unpolitischen Fassaden zielen auf eine Änderung unseres Geschichts- und Gesellschaftsverständnisses: Populistisch werden Zeiten vor 1918 idealisiert, Brüche negiert, gewachsene Identitäten überschrieben.
Das einführende Kapitel ordnet die Entwicklung von Rekonstruktionsbauten in die geschichtspolitischen Kontexte der letzten Jahrzehnte ein. Umfassende Recherchen zum Berliner Schloss und der Garnisonskirche Potsdam zeigen auf, wie Rechtsradikale an diesen Projekten beteiligt sind und mit ihrem Ideengut bis in die gesellschaftliche Mitte eindringen.
Die Neue Altstadt in Frankfurt steht exemplarisch dafür, wie die mit neoliberalen Modernisierungen verknüpften identitätspolitischen Ideologien in die Stadtplanung einsickern. Die Fallbeispiele der Dessauer Meisterhäuser und der Paulskirche Frankfurt hingegen zeigen auf, wie Gebäude ohne verklärende Idealisierungen rekonstruiert werden können.
In seiner pointierten Einleitung zeigt der Schriftsteller Max Czollek die doppelten Standards in den deutschen Erinnerungskulturen auf und fordert inklusive Identitätsangebote für die plurale Gegenwart.
Philipp Oswalt, geboren 1964, lebt als Architekt und Publizist in Berlin. Er war u. a. Leiter des Projektes »Schrumpfende Städte« der Kulturstiftung des Bundes (2002–2008) und Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau (2009–2014). Seit 2006 lehrt er als Professor für Architekturtheorie und Entwurf an der Universität Kassel. Er ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen zur zeitgenössischen Architektur und Stadtentwicklung.
Philipp Oswalt
Bauen am nationalen Haus.
Architektur als Identitätspolitik
Mit einem Vorwort von Max Czollek
Berenberg Verlag GmbH, 2023
Klappenbroschur, 240 S.,120 × 183 mm
CHF 26.40. € 22.
ISBN 978-3-949203-73-2
Auch als E-Book erhältlich
«Architekt Yamamoto erhält den Pritzker-Preis»
«Yamamoto, Architekt und sozialer Fürsprecher, stellt eine Verbindung zwischen öffentlichen und privaten Bereichen her und inspiriert harmonische Gesellschaften trotz einer Vielfalt an Identitäten, Volkswirtschaften, Politik, Infrastrukturen und Wohnsystemen», teilte die Jury in Chicago am 5. März zur Begründung mit. Privates und Gemeinschaft zu verbinden ist ein Konzept, das Riken Yamamoto schon in seiner Familie lernte. Ein bekanntes Gebäude, das «Circle», des neuen Pritzker-Preisträgers steht in der Schweiz.
Für seine Bauwerke zur Förderung von Gemeinschaft und Zusammenkunft erhält der Japaner Riken Yamamoto den Pritzker-Architekturpreis 2024. Die Arbeit des Preisträgers vor allem im asiatischen Raum sei tief verwurzelt in die Aufrechterhaltung des Gemeinschaftslebens, in dem sich Menschen unterstützten. Im deutschsprachigen Raum ist Yamamoto (78) vor allem für das Bauwerk «The Circle» am Flughafen Zürich bekannt, hinter dessen geneigter Fassade sich Geschäfte und eine Parkanlage befinden.
Andere Bauwerke stehen vor allem in Japan, China und Korea. Frühere Pritzker-Preisträger waren unter anderem der Brite David Chipperfield, Zaha Hadid, Rem Koolhaas, Norman Foster und Peter Zumthor. Die Auszeichnung gilt als die höchste in der Architekturwelt.
Yamamoto geht es in seinen Bauwerken, u.a Bibliotheken, Feuerwachen oder Universitäten, darum, traditionelle Vorstellungen von Freiheit und Privatsphäre zu dekonstruieren.
«Raum zu erkennen bedeutet für mich, eine ganze Gemeinschaft zu erkennen», wird Yamamoto zitiert. Der aktuelle architektonische Ansatz bevorzuge die Privatsphäre vor gesellschaftlichen Beziehungen. Doch die Freiheit jedes Einzelnen könne auch im Zusammenleben im architektonischen Raum gewürdigt werden.
Riken Yamamoto wurde 1945 in Peking geboren, wuchs aber nach dem Zweiten Weltkrieg in Yokohama in Japan auf. Die Verknüpfung von öffentlichen und privaten Räumen ist ein Konzept, von dem er schon in seinem Elternhaus inspiriert worden sei. Sein Interesse für Architektur erklärt er unter anderem mit einer tiefgreifenden Erfahrung im Kôfuku-ji-Tempel, einem fünfstöckigen buddhistischen Bauwerk. Nach seinem Masterabschluss in Architektur (1971) gründete er 1973 sein Büro Riken Yamamoto & Field Shop. Seine Karriere beruht auch auf ausgedehnten Roadtrips mit seinem Mentor Hiroshi Hara, bei denen er Gemeinschaftsdynamiken verschiedener Kulturen studierte. Dabei reiste er durch viele Länder der Mittelmeerregion sowie durch Nord-, Mittel- und Südamerika. Yamamoto bekam für seine Arbeiten zahlreiche Auszeichnungen und lebt in Yokohama.