FRONTPAGE

«Paul McCartney: Lyrics»

Von Ingrid Isermann

 

In seinem aussergewöhnlichen Musik-Memoir «Lyrics» betrachtet Paul McCartney sein Leben im Prisma von 154 eigenen Songs, die von den musikalischen Anfängen über Klassiker des Pop wie «Yesterday» oder «Let it Be» bis hin zu jüngsten Kompositionen ein autobiografisches Kaleidoskop seines Werks bilden.

In der exzellenten Edition betrachtet Paul McCartney sein Leben und sein Werk im Prisma 154 eigener Songs. In alphabetischer Reihenfolge bilden diese Songs von den frühesten musikalischen Gehversuchen über Klassiker der Popgeschichte wie «Yesterday» oder «Let it Be» bis hin zu jüngsten Kompositionen ein autobiografisches Kaleidoskop, in dem McCartney die Entstehungsgeschichten seiner Songs schildert, Menschen und Orte, die ihn beeinflusst haben, und was er heute über seine Lieder denkt.

 

Auf diese Weise, nämlich als Leben in Songs, ist ein  einzigartiges Musiker-Memoir entstanden, das Paul McCartneys Stimme und Persönlichkeit auf jeder Seite spürbar werden lässt. Bislang unbekannte Schätze aus McCartneys Privatarchiv – Skizzen, Briefe und vor allem Fotografien – machen «Lyrics» auch optisch zu einem einmaligen Dokument über einen der erfolgreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts.
 
Und nicht nur das, die Reichweite der Songs reicht bis ins fernste Weltall, wurde doch der seismografische Beatles-Song «Across the Universe» als Botschaft des Planeten Erde der letzten Raumsonde ins Sonnensystem beigelegt. Mehr Applaus geht nicht!
 
Was für ein Vergnügen, die Songs, die Originaltexte zu lesen, in Gedanken gleich mitzusummen, und nostalgisch Erinnerungen aufleben zu lassen.
Ein Must für Beatles- und McCartney-Fans!
 

Lady Madonna

Lady Madonna, children at your feet
Wonder how you manage to make ends meet
Who finds the money when you pay the rent?
Did you think that money was heaven sent?

 

Friday night arrives without a suitcase
Sunday morning creeping like a nun
Monday’s child has learned to tie his bootlace
See how they run

 

Lady Madonna, baby at your breast
Wonders how you manage to feed the rest

 

See how they run

 

Lady Madonna, lying on the bed
Listen to the music playing in your head

 

Tuesday afternoon is never ending
Wednesday morning papers didn’t come
Thursday night your stockings needed mending
See how they run

 

Lady Madonna, children at your feet
Wonder how you manage to make ends meet

 

 

Urheber: Paul McCartney und John Lennon
The Beatles
Abbey Road Studio, London
Single, 1968

 

 

Paul McCartney:
ICH BIN NIE ÜBER DEN TOD MEINER MUTTER HINWEGGEKOMMEN
Sie starb, als ich vierzehn Jahre alt war. Der Song, der von einer sehr präsenten, fürsorglichen Mutter handelt, entstand ganz offensichtlich aus diesem entsetzlichen Gefühl von Trauer heraus. Besonders bezeichnend scheint mir die Frage, wie es dieser «Lady Madonna» gelingt, «den Rest satt zu kriegen». Man muss kein Psychoanalytiker sein, um darauf zu kommen, dass ich selbst wohl zu diesem «Rest» gehört habe. Ich muss mich irgendwie ausgeschlossen gefühlt haben. Eigentlich ist es eine Verneigung vor allen Müttern an sich, eine Verneigung vor Frauen.
   Am besten gefällt mir das wiederkehrende «See how they run». Eigentlich stammt es aus dem Kinderlied «Three Blind Mice», in dem eine alles andere als fürsorgliche Bauersfrau Mäusen die Schwänze mit einem Tranchiermesser abhackt. Dadurch bekommt der Song einen etwas düsteren Aspekt. Ausserdem bezieht sich das «run» natürlich auf Strümpfe, denn ich erinnere mich aus meiner Kindheit daran, dass Frauen neben den vielen wichtigen Dingen, um die sie sich kümmern mussten, auch noch ständig Laufmaschen an ihren Strümpfen hatten – «Thursday night your stockings needed mending».
    Eine solche Wiederholung wie bei «See how they run» ist eine der effektvollsten Komponenten im Songwriting. So etwas nennt man «Refrain», und in einem anderen Song aus derselben Zeit haben wir damit gespielt. In «Hey Jude» heisst es: «And anytime you feel the pain / Hey Jude, refrain».

 

 

Paul McCartney sah ich zum erstenmal persönlich im «Indra Club» in Hamburg, einer ehemaligen Striptease-Bar, die wir mit einer jungen Clique besuchten, in der verruchten Grossen Freiheit auf der Reeperbahn, bei seinem Debüt, dem allerersten Auftritt der «Beatles», am 17. August 1960. Damals kannte kein Mensch die Beatles, die bald in den renommierteren Hamburger «Star Club» wechselten und von dort aus ihre grosse Karriere nach ihren Auftritten im «Cavern Club» in ihrer Heimatstadt Liverpool begannen, einer Hafenstadt wie Hamburg.

Damals, nur fünfzehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, von dem in Hamburg noch immer viele Trümmer kündeten, kam ein ganz neuer Sound von der Mersey an die Elbe, und wir waren begeistert. Und London wurde hip mit Susy Quatro, Minirock und auch die gleichaltrigen Rolling Stones tauchten schon auf. Als ich 1963 in London zwecks Sprachstudium als Au Pair beschäftigt war, sah ich neben den überall präsenten Beatles, deren Singles sich rasend schnell verkauften («From me to you», «Love me do») auch Mick Jagger im TV und er kündigte an, dass sie die Beatles überholen würden und immer als Gruppe auftreten. Das letztere hat sich bewahrheitet, noch immer ist Mick Jagger, rabaukig und zerzaust wie eh und je, auf Konzerten weltweit unterwegs.

Doch meine Sympathie gehörte den Beatles und ihren melodischen, mitunter melancholischen Songs, wie «Yesterday» oder gerade auch «Lady Madonna».
Und ganz speziell Paul McCartney, und jetzt diese Edition zu sehen, mit den wunderbaren Songs, dazu die ausführlichen, anrührenden Kommentare von Paul zu jedem der 154 Songs, mit Fotos von 1956 bis heute, ist eine Hommage an den Musiker und Komponisten Paul McCartney, wie sie schöner nicht sein könnte. Die beiden Bücher kann man immer wieder anschauen und hineintauchen in die Geschichte, die Lebensgeschichte von Paul und auch in die eigenen Erfahrungen und Erinnerungen.

 

 

Paul McCartney

Lyrics

Mein Leben in 154 Songs

1956 bis heute

Übersetzung Conny Lösch

H.C. Beck Verlag, 2021

Ausgabe in 2 Bänden im Schuber,

912 S., CHF 109

ISBN 978-3-406-77650-2

 

 

 

«Konkrete Poesie, Typografie und Eugen Gomringer»
Texte sind nicht nur ein Kommunikationsweg, sondern haben auch einen bildlichen Ausdruck.

 

Am 20. Januar 2022 wird Eugen Gomringer 97 Jahre. Dies ist ein besonderer Anlass, den wir zum freudigen Anlass nehmen, das neueste Buch über Eugen Gomringer vorzustellen. Der in Bolivien geborene Schweizer Dichter, Schriftsteller und Verleger Eugen Gomringer gilt als Vater der konkreten Poesie und prägende Figur in der Design- und Kunstszene der Nachkriegsschweiz. Der Poesie gab er eine Stimme an der Schnittstelle von Literatur, Kunst und Design. Herzliche Gratulation!

 

Ab 1953 war Eugen Gomringer zusammen mit Dieter Roth und Marcel Wyss Mitherausgeber des Künstlermagazins «spirale», das den Ausgangspunkt für seine Form der Poesie bildete.
Schon früh wollte Gomringer die Grenzen zwischen Poesie und Werbesprache ausloten. Während seiner gesamten Karriere setzte er sich für Interdisziplinarität ein und arbeitete aktiv mit Künstlern und Grafikern wie Max Bill, Karl Gerstner, Anton Stankowski und vor allem dem in Zürich ansässigen Designstudio E + U Hiestand zusammen.

 

Diese Publikation entstand nach ausführlichen Recherchen in Archiven in der Schweiz und Deutschland. Das Buch kombiniert Originalbildmaterial und ausgewählte Werke aus Gomringers langjähriger Cooperation als Art Director und Texter für verschiedene Unternehmen.

Das Buch enthält zudem den theoretischen Aufsatz «vom vers zur konstellation», Gomringers 1954 veröffentlichtes Originalmanifest. Mit einem Vorwort von Roland Früh.

 

Eugen Gomringer, siehe auch Archiv Literatur & Kunst:

12/2014: «Visuelle Konkrete Poesie in Fortsetzung»

03/2015: «Der Wortzauberer»

11/2016: «Vorhang auf für Gomringer & Gomringer»

 05/2018: «Poema».

 

 

Über den Autor:
Simon Mager ist ein deutscher Grafikdesigner, der in Lausanne lebt und arbeitet. Er schloss sein Studium an der ECAL / Universität für Kunst und Design in Lausanne mit einem Master in Art Direction ab und arbeitet dort weiterhin als Lehrassistent und Gastdozent.
Seit 2016 leitet er zusammen mit Leonardo Azzolini das kollaborative Designstudio Omnigroup. Sie arbeiten im Bereich Schrift- und Grafikdesign für internationale Kunden und sind in Forschung und Lehre tätig.
2017 gewann das Studio den Swiss Design Award. 2019 wurde Simon Mager mit dem Josef Müller-Brockmann Förderpreis ausgezeichnet.

 

Simon Mager

worte formen sprache

Über konkrete Poesie, Typografie

und die Arbeit von Eugen Gomringer

Vorwort von Roland Früh

Triest Verlag, Zürich 2021

Geb., 202 S., CHF 32.90

ISBN 978-3-03863-068-5

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