FRONTPAGE

«Zaha Hadid: Heydar Aliyev Centre in Baku»

 

 

Das von Zaha Hadid entworfene Kulturzentrum in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku ist eines der wichtigsten Kulturzentren des Landes, das unterschiedliche Institutionen unter einem Dach beherbergt. Eine neue Publikation erscheint im November 2013 bei Lars Müller Publishers.

Der Entwurf, mit dem die berühmte Architektin 2007 den Wettbewerb gewann, enthält unter seiner Oberfläche aus glasfaserverstärktem Beton ein Auditorium für mehr als tausend Besucher, ein Konferenzzentrum, ein Museum sowie eine Bibliothek.

Seine offen und einladend wirkende geschwungene Gestalt, die die Formen der Umgebung aufnimmt und weiterführt, setzt das Gebäude stark von der monumentalistischen Architektur der sowjetischen Ära der Stadt ab.

Die Fotografien von Hélène Binet und Iwan Baan zeigen das Gebäude in all seinen Facetten und machen dabei seine formalen, haptischen und räumlichen Qualitäten für den Leser erfahrbar.

 

Zaha Hadid, geboren 1950 in Bagdad, ist eine der einflussreichsten zeitgenössischen Architektinnen. Mit der Feuerwache Vitra in Weil am Rhein schaffte sie den internationalen Durchbruch. Das Riverside Museum in Glasgow, das Kunstmuseum MAXXI in Rom und das Opernhaus Guangzhou gehören zu ihren jüngsten Bauten. Die aus dem Irak stammende Architektin und Architekturprofessorin besitzt die britische Staatsangehörigkeit. Als erste Frau erhielt sie 2004 die bedeutendste Ehrung in der Architektur, den Pritzker-Architektur-Preis. Im Jahre 2009 wurde ihr der Praemium Imperiale verliehen.

 

 

HEYDAR ALIYEV CENTER 

By Joseph Giovannini

 

In his brilliant disquisitions on the geometry of power, French philosophe Michel Foucault discussed panopticons, nineteenth-century prisons designed with corridors radiating like spokes from a hub that gave guards visual control over prisoners. But for a contemporary example of how architecture spatializes power, Foucault might have just boarded a plane to the Soviet republic of Azerbaijan where the imposing, classically detailed Government House in Baku still commands a downtown neighborhood through its unyielding geometry. Sited at a pivotal and central intersection, isolated in its unforgiving, virtually fortified relationship with the surrounding city, the symmetrical, layer-cake, four-poster structure is almost a caricature of the period’s communism. Designed in 1934 and finished in 1952, the stern, rigid, unavoidable structure is unyielding in its control over both the neighborhood and its own architectural strata and parts; each element in the classical ordination cemented in its place without question or exception. Surrounding streets and plazas obey a stern order as visualized in the geometries of the building and reified in its mass.

 

That was then. The Soviet Union dissolved, Azerbaijan became independent, and twenty years on, Baku has built a new symbol of the state, the Heydar Aliyev Center. Government House still exists, but it has been superseded by an anti monumental monument, devoted to culture rather than to government, with an architecture that sheds the geometry of power in favor of a geometry of freedom. The 260 ft. tall (80 meters), 600.000-square-foot (57.000 square meters) free-form building, flowing like lava from mountainous peaks, embodies not rigidity, but fluidity, with curving shapes and spaces and scalloped edges that spill into the surrounding park and flow into interiors that rise, turn, and fall through apparently endless valleys and caverns, no visual terminus in sight. Paradigms have shifted in the architecture of the capital. Instead of spatializing power, the Center spatializes freedoms.

 

Many famous architects are called by cities and countries to create new icons that will stand as symbols of culture and social progress. In a globalized cultural economy, with cities competing for visibility and status, architects have become agents of image and civic branding. But few deliver as regularly and spectacularly as Zaha Hadid, and her success over the last decade – in rapid succession, the MAXXI museum in Rome, the Guangzhou Opera House in China, the Broad Art Museum at Michigan State University, the Glasgow Riverside Museum of Transport – are so consistent that her methodology and theories must be acknowledged and credited. Their IQ cannot simply be attributed to strokes of inspiration delivered late at night by divine afflatus. Dame Zaha Hadid knows what she’s doing. There is a method to the practice, and principle. She has led one of the most consistently inventive offices anywhere for more than thirty years.

 
 

Biografie

 
Zaha Hadids Eltern Wajiha Sabunji (gest. 1983) und Muhammad Hadid (1907–1999) entstammten Familien aus Mosul, die mit Handel, industriellen Investitionen und Immobilien Reichtum erlangt hatten. Ihr Vater Muhammad Hadid studierte von 1928 bis 1931 an der London School of Economics, Neben seinem geschäftlichen Engagement wurde er mehrmals Finanzminister und war 1946 Mitbegründer der «Iraqi Democratic Party» und 1960 der Mitbegründer und Leiter der »Progressive Democratic Party«.

Da ihre Eltern einen westlichen Lebensstil pflegten, wuchs Zaha Hadid mit ihren beiden Brüdern in einem Haus auf, das vom Bauhaus-Stil beeinflusst war. In den späten 1950er Jahren konnte sie auch den Bau des irakischen Planungsministeriums beobachten, das Gio Ponti als eine Replik des Pirelli-Hochhauses in Bagdad erbauen ließ. Ihre Schulzeit verbrachte sie in einer von katholischen Nonnen geleiteten Klosterschule in Bagdad, später in einem Schweizer und einem englischen Internat.

Bis 1971 studierte Hadid Mathematik an der American University of Beirut, von 1972 bis 1977 an der Architectural Association School (AA) in London. Dozenten wie Rem Koolhaas und Bernard Tschumi standen für eine Suche nach neuen Formen jenseits der klassischen Moderne und des Neo-Historismus. Ihre Abschlussarbeit war ein Hotel an der Londoner Hungerford Bridge, das sie Malevich’s Tectonics nannte, als Reverenz an den russischen Suprematisten Kasimir Malewitsch. 1977 nahm sie das Angebot an, Mitarbeiterin an Koolhaas’ Office for Metropolitan Architecture (OMA) zu werden und lehrte nun selbst auch an der AA mit ihren OMA-Partnern Rem Koolhaas und Elia Zenghelis. Die britische Hauptstadt wurde zu ihrer Wahlheimat. Dort eröffnete sie 1980 auch ihr eigenes Architekturbüro, der deutsche Architekt und heutige Architekturprofessor Patrik Schumacher (* 1961) ist seit 1988 ihr Geschäftspartner.

 

1983 erregte sie mit dem Freizeit- und Erholungspark The Peak Leisure Club an einem Berghang in Hongkong erstmals internationales Aufsehen und erhielt eine Auszeichnung. Mit diesem Entwurf war sie 1988 auch an der einflussreichen Deconstructivist Architecture-Ausstellung des New Yorker Museum of Modern Art vertreten und galt daher anfänglich als eine theoretische Vordenkerin des Dekonstruktivismus, gleichwohl war sie nicht dem Dekonstruktivismus verpflichtet, sondern auf der Suche nach einer erst noch zu findenden Formensprache der Moderne. Lange Zeit waren ihre Projekte den Bauherren zu kühn. Viele nicht ausgeführte Entwürfe stehen für eine lange Durststrecke. Darunter befinden sich ungebaute Projekte wie ein Bürohaus am Kurfürstendamm 70 in Berlin-Charlottenburg, 1. Preis 1986 (mit nur 2,5 m Sockelbreite, den Zuschlag erhielt Helmut Jahn) und der neue Zollhof in Düsseldorf, 1990 (den Zuschlag erhielt später Frank Gehry).

 

Erst 1993 schaffte sie den Durchbruch und konnte ihren ersten Entwurf realisieren: das Feuerwehrhaus des Vitra-Werks in Weil am Rhein. Sie verdankte dies der Innovationsfreude von Rolf Fehlbaum, dem geschäftsführenden Inhaber von Vitra, der bereits eine Reihe angesehener Architekten wie Tadao Ando und Frank Gehry für den Bau neuer Produktionsstätten, anderer Firmengebäude und des Vitra Design Museums engagiert hatte. Zwar hatte sie schon 1987 mit dem Bau eines vergleichsweise unauffälligen Hauses mit Wohnhof zur IBA in Berlin-Kreuzberg begonnen, doch wurde dieses erst 1994 fertiggestellt. Ihr bislang größtes Projekt in Deutschland ist das phæno in Wolfsburg (Bauzeit 2001-2005), ein interaktives Erlebnismuseum der Naturwissenschaften, bei dem sie neue Möglichkeiten der dynamischen Gestaltung des Raumes erprobte. Hadid hält diesen Entwurf für ihr bisher ehrgeizigstes Bauwerk in Deutschland, da es trotz seiner komplexen Konstruktion „schwerelos wirke“. Ihre jüngeren, fließend entworfenen Werke werden als „archaisch und futuristisch“ zugleich beschrieben.

Hadids Architekturbüro ist auch im Bereich Design tätig und realisiert unter anderem Möbelentwürfe, Inneneinrichtungen, Messepavillons, Ausstellungsgestaltungen und Gebrauchsgegenstände. Ihre architektonischen Vorbilder sind vor allem die russischen Suprematisten und Konstruktivisten wie Kasimir Malewitsch oder El Lissitzky. Demgegenüber hält sie die Postmoderne Architektur für eine intellektuelle Katastrophe. Hadids Arbeiten scheinen nach Ansicht von Beobachtern dem Credo von Malewitsch zu folgen: „Wir können nur dann Raum wahrnehmen, wenn wir uns von der Erde loslösen, wenn der Auflagepunkt verschwindet.“ (1928) Hadids Abneigung gegen das Primat des rechten Winkels brachte sie auf mathematische Weise zum Ausdruck:
«Das Wichtigste ist die Bewegung, der Fluss der Dinge, eine nicht-euklidische Geometrie, in der sich nichts wiederholt: eine Neuordnung des Raumes».

 

In den späten 1980ern konzentrierte sich Hadid auf die theoretische Arbeit als Gastprofessorin an der Graduate School of Design, Harvard University (Kenzō Tange-Chair), dann auf der School of Architecture der University of Chicago (Sullivan-Chair). Es folgten weitere Gastprofessuren an der Hochschule für bildende Künste Hamburg, der Knolton School of Architecture in Ohio und am Masters Studio der Columbia University in New York. Seit 2000 hat Hadid eine Professur am Institut für Architektur an der Universität für angewandte Kunst Wien inne, dort leitet sie das studio-hadid-vienna. Im Semester 2002 nahm sie eine Eero Saarinen Visiting Professorship an der Yale School of Architecture in New Haven (Connecticut) wahr.

Neue Projekte in Dubai (Hotel) und das Olympische Stadion 2020 in Tokio stehen auf ihrem Programm.

 

 

Zaha Hadid
Heydar Aliyev Centre
Design: Integral Lars Müller Publishers, November 2013
21 × 28 cm, 116 Seiten,
100 Abbildungen, Hardcover
EUR 40,00 / CHF 48,00
ISBN 978-3-03778-353-5, Englisch

 

 

 

Buchtipp

«Mobile food and foodhunting in Bali»

 

Im Bildband «mobile food and foodhunting» führt eine einzige Zeile durch die bunte Welt der balinesischen Strassenküchen. Strassenköche und fahrbare Garküchen prägen auf der Insel Bali überall das Strassenbild. Sie bereichern das öffentliche Leben durch ihre Originalität, ihre Farbigkeit, ihren Duft, ihre Sinnlichkeit und Poesie. Unter einfachsten Bedingungen, mit wenig Gerät, aber mitunter aus den feinsten Zutaten bereiten sie zu, was ihnen traditionell weitergegeben wurde, sie experimentieren und improvisieren mit dem, was der Markt gerade bietet.

 

Der Fotokünstler Joseph Carlson hat die bunte Welt der balinesischen Strassenköche über viele Jahre hinweg mit der Kamera beobachtet. Aus der Auslese seines reichhaltigen Bildmaterials konzipierte er den aufwändigen Bildband «mobile food and foodhunting». Mit seinen Bildern macht Joseph Carlson das authentische Erleben einer archaischen Kultur des Kochens auch für alle verfügbar, die die Insel noch nicht kennen. Er führt das Auge durch viele einmalige Momente, die auf eine frische und ungewöhnliche Art exotische Sinnlichkeit erhalten.

Die Entdeckungen des Foodhunters Mark Brownstein begleiten diese Folge von Bildern, seine Schilderungen und Reflexionen geben der betrachtenden Wahrnehmung eine weitere Dimension.

 

Das Buch gibt unmittelbar die Atmosphäre einer archaisch anmutenden Kochkultur wieder – durch eine spannungsreiche Bildwelt, aber auch durch die aussergewöhnliche Gestaltung. Eine einzige Zeile mit einer Länge von 27.3 Metern führt den Leser durch das Buch, flankiert von einem vielgestaltigen und abwechslungsreichen Bildlayout. Der narrative, fortschreibende Text und die lebendige Bildfolge ergänzen auf einmalige Weise einander, als schreite man selbst auf Balis Strassen.

Das Bildkonzept und das grosszügige Layout fügen sich zu einem poetischen Ganzen und machen das Buch zu einem kleinen Kunstwerk. Es wurde bereits mit dem «red dot award 2013» ausgezeichnet und für den «German Design Award 2014» nominiert. (I.I.)

Joseph Carlson
Mobile food and foodhunting
Mit einem Text des Foodhunters Mark Brownstein

winwood48 edition  Freiburg, 2013

220 x 280 mm, 148 S., ca. 260 Farbabb., Hardcover

CHF 57.50. € 48.00
ISBN 978-3-9815-5530-1 Englisch

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